Gericht: Baumhaus-Räumung im Hambacher Forst rechtswidrig

Gericht: Baumhaus-Räumung im Hambacher Forst rechtswidrig

Köln (epd). Die Räumung von Baumhäusern und anderen Bauten von Umweltaktivisten und Braunkohlegegnern im Hambacher Forst im Jahr 2018 ist laut Gericht rechtswidrig gewesen. Das Verwaltungsgericht Köln stellte in einem Urteil am Mittwoch klar, dass eine entsprechende Weisung der Landesregierung an die Stadt Kerpen mit rechtlichen Mängeln behaftet war. (AZ: 23 K 7046/18) Der Hinweis auf baurechtliche Regelungen zum Brandschutz sei von der Landesregierung vorgeschoben worden, erklärte das Gericht.

In den Jahren 2012 bis 2018 hatten Gegner des Braunkohlebergbaus in den verbliebenen Teilflächen des Hambacher Forstes eine Vielzahl von Baumhäusern, Plattformen in Bäumen, Holzunterständen und Zelten auf dem Erdboden, Lagerflächen und andere Anlagen errichtet. Im Sommer 2018 wies das NRW-Bauministerium die beklagte Stadt Kerpen gegen deren Willen an, die im Hambacher Forst vorhandenen Baumhäuser im Wege des „Sofortvollzugs“ zu räumen und zu beseitigen.

Dabei sollte die Maßnahme ausdrücklich auf baurechtliche Vorschriften und nicht etwa auf das Polizei- und Ordnungsrecht oder das Forstrecht gestützt werden, wie das Gericht erläuterte. In der Begründung der Weisung führte das Ministerium unter anderem aus, dass die Baumhäuser baurechtlich unzulässig seien, weil Bestimmungen des Brandschutzes verletzt seien. Ab dem 13. September 2018 räumte und beseitigte die Stadt Kerpen mit Amtshilfe starker Polizeikräfte und mit Unterstützung von Mitarbeitern des Energiekonzerns RWE sämtliche Anlagen der Protestbewegung am Boden und in den Bäumen, nachdem sie zuvor zum Verlassen der Anlagen binnen 30 Minuten aufgefordert hatte.

Der Kläger war damals Bewohner einer der Anlagen im Hambacher Forst und hält die Zerstörung seiner Wohnung für rechtswidrig. Dem ist das Gericht im Ergebnis gefolgt. Vor allem sei aus der Weisung des Ministeriums erkennbar, dass die Räumungsaktion letztlich der Entfernung der Braunkohlegegner aus dem Hambacher Forst gedient habe, erklärten die Richter. Das aber sei nicht Zweck der angewandten baurechtlichen Regelungen zum Brandschutz, die insofern nur vorgeschoben worden seien.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace erinnerte daran, dass bei der Räumung ein Mensch ums Leben kam. Wer unter fadenscheinigen Vorwänden mit massiven Polizeiaufgebot Klimaschützer räumen lasse, um das klimaschädliche Braunkohlegeschäft von RWE zu schützen, „muss sich fragen lassen, ob er als möglicher Bundeskanzler die richtigen Entscheidungen treffen kann“, erklärte Lisa Göldner von Greenpeace in Hamburg. Auch SPD und Grüne in NRW sahen ihre damalige Beurteilung der Geschehnisse vom Gericht bestätigt.

Gegen das Urteil können die Beteiligten einen Antrag auf Zulassung der Berufung stellen, über den das Oberverwaltungsgericht in Münster entscheiden würde.

Der seit Jahren umkämpfte Hambacher Forst - ein 4.000 Hektar großer Restbestand eines Waldes an der Abbruchkante zum Tagebau Hambach - hatte ursprünglich gerodet werden sollen. Im Zuge des Kohlekompromisses hatten sich Bund, Länder und Energiekonzerne auf seinen Erhalt verständigt. Die durch Besetzungen und Proteste verhinderte Abholzung des Waldstückes gilt als Sinnbild für den Widerstand gegen den Kohle-Abbau in Deutschland.

In einem anderen Urteil hatte das Verwaltungsgericht Aachen im April dieses Jahres hingegen entschieden, dass die Räumungsverfügung des Kreises Düren mit Blick auf ein anderes, nahe gelegenes Protestcamp an der Abbruchkante, auf dem „Wiesencamp“, rechtmäßig sei. (AZ.: 5 K 3922/18)