Studie: Im Westen weiter zu wenig Kita-Plätze für unter Dreijährige

Studie: Im Westen weiter zu wenig Kita-Plätze für unter Dreijährige
Massive Anstrengungen zur Überwindung des Personalmangels sind nötig
Im Westen gibt es weiter zu wenig Kita-Plätze für die ganz Kleinen, dafür ist der Personalschlüssel günstiger als im Osten. Eine Annäherung ist laut Bertelsmann Stiftung bis 2030 möglich, dafür müssten aber jetzt die Weichen gestellt werden.

Gütersloh (epd). In Westdeutschland gibt es trotz eines massiven Ausbaus bei den Kitas einer Erhebung zufolge weiterhin zu wenige Plätze für Kinder unter drei Jahren. Und im Osten betreue eine Fachkraft zu viele Kinder, erklärte die Bertelsmann Stiftung anlässlich der Publikation der Studie am Dienstag in Gütersloh. Von gleichwertigen Lebensverhältnissen in der frühkindlichen Bildung sei Deutschland „nach wie vor weit entfernt“. Um dieses „doppelte Ost-West-Gefälle“ bei Betreuungsplätzen und Personalschlüsseln binnen zehn Jahren weitgehend aufzulösen, würden insbesondere mehr Erzieherinnen und Erzieher benötigt.

Auf die Überwindung dieses Mangels sollten sich ab sofort alle politischen Anstrengungen konzentrieren, erklärte Stiftungsvorstand Jörg Dräger. In den ostdeutschen Bundesländern besuchen dem aktuellen „Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme“ zufolge 53 Prozent der unter Dreijährigen eine Kita oder Kindertagespflege. Im Westen sind es lediglich 31 Prozent.

Hingegen bieten die westdeutschen Einrichtungen mit einem Personalschlüssel von einer vollzeitbeschäftigten Kita-Fachkraft zu 3,5 ganztagsbetreuten Krippenkindern eine höhere Qualität. In den neuen Bundesländern beträgt das Verhältnis demnach 1 zu 5,5. Kindgerecht wäre nach wissenschaftlichen Empfehlungen ein Personalschlüssel von 1 zu 3, wie die Bertelsmann Stiftung erklärte. Diese Personalausstattung und zugleich ausreichend Plätze in allen Kitas seien in diesem Jahrzehnt nicht mehr zu realisieren. Dafür fehlten bis 2030 mehr als 230.000 Fachkräfte.

Nach Ansicht der Stiftung besteht aber „die realistische Chance“, im Osten den Personalschlüssel an das Westniveau und im Westen die Teilhabe von Kindern unter drei Jahren an das Ostniveau anzugleichen. Begünstigt werde dies durch rückläufige Geburtenraten - sofern keine Fachkräfte entlassen und die vorhergesagten Berufseinsteiger eingestellt würden. Auf dem ostdeutschen Arbeitsmarkt verbliebe dann laut Studie sogar ein Potenzial von mehr als 4.000 Fachkräften und einem Ausbau der Personalschlüssel oder Leitungskapazitäten.

In Westdeutschland sei in Hamburg, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein das Personal vorhanden, um genug U3-Kita-Plätze anzubieten, hieß es. In den anderen westlichen Bundesländern könne der Bedarf jedoch nicht ohne zusätzliche Ausbildungskapazitäten und Anstellungen gedeckt werden.

Allein in Nordrhein-Westfalen fehlen laut der Untersuchung dafür rund 10.000 Erzieherinnen und Erzieher. Hier müsse die prognostizierte Zahl von Berufseinsteigern bis 2030 um fast 20 Prozent gesteigert werden. Das vorhandene Personal solle durch attraktive Arbeitsbedingungen und Verdienstmöglichkeiten gebunden werden, sagte die Bildungsexpertin der Stiftung, Kathrin Bock-Famulla.

Stiftungsvorstand Dräger erklärte, von zentraler Bedeutung sei es, dass sich der Bund beim Qualitätsausbau der Kitas weiter finanziell engagiere. Die Zahlungen an die Länder auf Grundlage des „Gute-Kita-Gesetzes“ müssten über 2022 hinaus weiter fließen. Sie sollten in erster Linie verwendet werden, um neue Fachkräfte zu gewinnen und zu qualifizieren sowie Personal- und Leitungsausstattungen der Kitas zu verbessern.

Grundlage des jährlich aktualisierten Ländermonitorings sind den Angaben zufolge Daten der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, aus der Kinder- und Jugendhilfestatistik und weiteren amtlichen Statistiken. Die Daten wurden mit Stand 1. März 2020 erhoben.