Erwerbslosenforum: Soforthilfe kommt bei Überschuldeten nicht an

Erwerbslosenforum: Soforthilfe kommt bei Überschuldeten nicht an
Die Soforthilfe der Landesregierungen soll den Flutopfern möglichst unbürokratisch in der Not helfen. Doch gerade überschuldete Menschen würden die Hilfsgelder teilweise nicht erreichen, kritisiert das Erwerbslosenforum Deutschland.

Bonn (epd). Nach Informationen des Erwerbslosenforums Deutschland nutzen die staatlichen Soforthilfezahlungen nach der Flutkatastrophe vielen verschuldeten Menschen nichts. Wie das Forum am Donnerstag in Bonn mitteilte, behalten die Banken das Geld von Menschen mit einem Pfändungsschutzkonto ein, wenn nach der Auszahlung von Hilfsgeldern der Pfändungsfreibeitrag überschritten werde. „Es kann nicht sein, dass Menschen, die nichts mehr haben, nunmehr erstmal in ihrer Not zuerst Gläubiger bedienen müssen“, kritisierte Sprecher Martin Behrsing.

Als Ursache nennt das Forum eine gesetzliche Regelungslücke. Die finanziellen Soforthilfen für die Flutopfer unterlägen nicht dem Pfändungsschutz, sagte Behrsing. Das Forum forderte die Landesregierungen von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz auf, dies per rückwirkendem Erlass zu ändern. „Die Menschen können nicht auf Gerichte verwiesen werden, die die Freigabe der Soforthilfe bei den Banken verfügen können“, kritisierte Behrsing. Die Arbeit der Gerichte sei durch die Flutkatastrophe nur eingeschränkt möglich.

Das nordrhein-westfälische Justizministerium bestätigte auf epd-Anfrage, dass Gelder, die auf einem Pfändungsschutzkonto eingehen und den Freibetrag überschreiten, von der Bank nicht ausgezahlt werden dürfen. Das Ministerium verwies darauf, dass das Land den Banken keine Vorgaben zum Umgang mit den Soforthilfen machen könne, weil das dem Bund obliege. Jedes Gericht müsse bislang individuell entscheiden, ob die Hochwasserhilfen pfändbar seien oder nicht, hieß es.

Das Amtsgericht Euskirchen akzeptiere die Pfändungsfreiheit von Soforthilfegeldern, teilte das Oberlandesgericht Köln am Donnerstag mit. Die ausgezahlten Beträge seien auf einen entsprechenden Antrag über den Sockelbetrag hinaus pfandfrei zu stellen. Ein Sprecher des Oberlandesgerichts teilte zudem auf epd-Anfrage mit, dass beim Amtsgericht Euskirchen schon mehrere Anträge eingegangen seien. In der Regel sei ihnen spätestens am Folgetag stattgegeben worden. Das Amtsgericht hat seinen Dienstbetrieb nach eigenen Angaben am vergangenem Donnerstag wieder aufgenommen.

Das Problem mit den Auszahlungen für Menschen mit Pfändungsschutzkonto war durch einen Bericht im WDR Fernsehen bekanntgeworden. Nach Angaben der „Lokalzeit“ aus Bonn vom Mittwoch suchten bei der Caritas für das Kreisdekanat Euskirchen mehrere Menschen nach Hilfe. Pro Tag seien bei ihnen rund 20 Menschen betroffen, sagte Martina Deutschbein, zuständig für die Schuldner- und Insolvenzberatung der Caritas, dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Wir können ihnen nicht weiterhelfen“, sagte sie. Es bleibe ihr nichts anderes übrig, als die Menschen an das Amtsgericht Euskirchen zu verweisen, wo sie einen Antrag zur Abwendung der Pfändung der Hilfsgelder einreichen sollten.

Erst wenn die Betroffenen den Gerichtsbeschluss dann bei der Bank vorlegten, könnten die Hilfsgelder ausgezahlt werden, erklärte Deutschbein. Auch sie dringt auf einen rückwirkenden Erlass der Landesregierung. „Die Antragsstellung bei Gericht stellt für die Menschen eine hohe Hürde dar“, gab sie zu bedenken.