Bundesgerichtshof stärkt Schutz der Ehe bei Betreuungsstreitigkeiten

Bundesgerichtshof stärkt Schutz der Ehe bei Betreuungsstreitigkeiten

Karlsruhe (epd). Bei dem Umzug einer demenzkranken Frau in ein in der Nähe ihres Sohnes gelegenes Pflegeheim hat auch ihr 200 Kilometer entfernt wohnender Ehemann mitzureden. Auch wenn die Mutter dem Sohn eine Vorsorgevollmacht zur Vertretung ihrer Interessen erteilt hat, gebietet es der grundrechtliche Schutz der Ehe, dass der Wunsch des Ehemannes nach Kontakt zu seiner Frau berücksichtigt werden muss, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in einem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss. (AZ: XII ZB 164/20) Im Zweifel kann der Sohn als Bevollmächtigter ungeeignet und die Bestellung eines Betreuers erforderlich sein, befanden die Karlsruher Richter.

Damit muss das Landgericht Aurich neu über die Betreuung einer 82-jährigen verheirateten Frau entscheiden. Sie leidet an einer fortgeschrittenen Parkinson- und Demenzerkrankung und hatte 2014 ihren beiden Kindern noch eine notarielle Vorsorgevollmacht erteilt. Damit können sie auch über das Aufenthaltsrecht bestimmen, falls sie ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst wahrnehmen kann.

Wegen der Erkrankung der Frau veranlasste der Sohn die Unterbringung in einem in seinem Wohnort gelegenen Pflegeheim. Damit war aber der 200 Kilometer entfernt wohnende 83-jährige Ehemann der Frau nicht einverstanden. Derzeit besucht er seine Ehefrau mehrmals wöchentlich mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Da sich Ehemann und Sohn nicht einigen konnten, beantragte der 83-Jährige die Bestellung eines Betreuers. Das Landgericht lehnte das jedoch ab und verwies auf die Vorsorgevollmacht der Frau. Der Sohn sei als Bevollmächtigter auch geeignet.

Der BGH hob diese Entscheidung auf und verpflichtete das Landgericht zur erneuten Prüfung. Das Landgericht habe den grundrechtlichen Schutz der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht ausreichend geprüft. Werde die Ehe bei der Entscheidung über den Aufenthalt der Frau in einer stationären Einrichtung unzureichend berücksichtigt, könne sich dies auf die Eignung des Bevollmächtigten, hier des Sohnes, auswirken.

Das Landgericht habe weder geprüft, ob die Frau auch am Wohnort ihres Ehemannes gepflegt werden könne, noch benennt es die Risiken für eine Verlegung, rügte der BGH. Auch könne es sein, dass der Umgang mit dem Ehemann eine stabilisierende Wirkung für die Betroffene habe, so das Gericht.