Kontroverse Debatte beim Ärztetag über Suizidassistenz

Kontroverse Debatte beim Ärztetag über Suizidassistenz

Berlin (epd). Vertreter der deutschen Ärzteschaft haben am Mittwoch kontrovers über mögliche Suizidassistenz durch Mediziner debattiert. Der in diesem Jahr digital stattfindende Deutsche Ärztetag beschäftigt sich mit einer möglichen Änderung der Musterberufsordnung, die ärztliche Hilfe bei der Selbsttötung bislang verbietet. Voraussichtlich wird noch am Mittwoch über eine Streichung des entsprechenden Satzes abgestimmt.

In Paragraf 16 heißt es unter dem Titel „Beistand für Sterbende“ in Satz drei über die Rolle von Ärzten: „Sie dürfen keine Hilfe zur Selbsttötung leisten.“ Das Bundesverfassungsgericht hatte im vergangenen Jahr das Verbot organisierter Suizidassistenz gekippt und das Recht auf selbstbestimmtes Sterben unterstrichen. Dies hatte auch eine erneute Debatte über das Standesrecht der Ärzte ausgelöst.

Der Vorsitzende des zuständigen Ausschusses für die Berufsordnung der Bundesärztekammer, Josef Mischo, sagte, die Berufsordnung müsse auf den Prüfstand gestellt werden. Er stellte einen Antrag des Vorstands vor, der die Streichung des Satzes vorsieht, betonte aber gleichzeitig, dass Suizidhilfe grundsätzlich keine ärztliche Aufgabe sei und Ärzte keine zentrale Rolle bei der Hilfe bei der Selbsttötung spielen sollten. Man wolle aber klarstellen, „dass wir Gewissensentscheidung des Einzelnen akzeptieren und nicht mehr als Berufspflichtverletzung ahnden wollen.“

Ärztepräsident Klaus Reinhardt unterstrich erneut seine persönliche Haltung, wonach Hilfe beim Suizid keine ärztliche Aufgabe sein sollte. Vertreter der Landesärztekammern meldeten sich in der Debatte mit unterschiedlichen Haltungen zu Wort. Man werde den entsprechenden Satz streichen müssen, weil es nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts nicht anders gehe, sagte Jens Andrae aus Thüringen. „Wir verschieben hier eine Grenze“, mahnte dagegen Lydia Berendes von der Ärztekammer Nordrhein.

Die Berliner Ärztin Regine Held unterstrich, dass es nur um Einzelfälle verbunden mit schwerem Leiden gehen können. „Der Tod ohne Krankheit, da fehlt mir das Verständnis“, sagte sie. Das Bundesverfassungsgericht hatte das Recht auf Suizidassistenz nicht an Bedingungen wie Alter und Krankheit geknüpft. Der Ärztevertreter und CDU-Bundestagsabgeordnete Rudolf Henke sagte, das Verbot der Suizidassistenz könne in der Berufsordnung stehen bleiben, ohne damit nicht rechtskonform zu sein. Einzelne Vertreter forderten, die Entscheidung des Ärzteparlaments über die grundsätzliche Frage noch einmal zu vertagen.

Der Bundestag hatte kürzlich in einer Orientierungsdebatte über eine mögliche Neuregelung der Suizidassistenz debattiert. Zwei Gesetzentwürfe liegen vor, die Ärzten eine Rolle bei Begutachtung und Verschreibung von Medikamenten zuweisen.