Experte: Pandemie trifft offene Jugendarbeit ins Herz

Experte: Pandemie trifft offene Jugendarbeit ins Herz

Hamburg (epd). Die Corona-Pandemie hat nach Auffassung des Hamburger Erziehungswissenschaftlers Moritz Schwerthelm erhebliche Auswirkungen auf die Kinder- und Jugendarbeit - möglicherweise auch noch nach der Krise. "Die Einrichtungen und Projekte sind in ihrer Arbeit stark eingeschränkt", sagte der Forscher dem Evangelischen Pressedienst (epd). Pädagogische Fachkräfte versuchten, das, was nun weggefallen ist, durch digitale oder hybride Angebote auszugleichen. Das gelinge zum Teil auch ganz gut. Große Sorgen bereitet Schwerthelm die künftige Finanzierung der Jugendarbeit.

Die offene Jugendarbeit, die sich für einen einfachen und freien Zugang zu kulturellen Angeboten einsetzt, ist laut Schwerthelm durch die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie in ihrem Kern getroffen. In diesem Bereich gehen junge Menschen nach seinen Worten freiwillig und niedrigschwellig ihren Interessen nach, sie durchlaufen gemeinsam Bildungsprozesse, fordern aber auch Beratung und Hilfe ein. "All das ist kaum noch möglich", sagt der wissenschaftliche Mitarbeiter an der Universität Hamburg, der auch dem Vorstand der Bundesarbeitsgemeinschaft Offene Kinder- und Jugendeinrichtungen angehört.

Dass Kommunen Zuschüsse für die Jugendarbeit vom Budget streichen könnten, weil sie durch die Corona-Pandemie wirtschaftlich unter Druck geraten, bereite ihm große Sorgen. "Sowohl Fachkräfte als auch Einrichtungen und Träger befürchten, dass ihre für das gelingende Aufwachsen so wichtige Arbeit Einsparungen erfahren könnte", sagt der Jugendarbeitsforscher. Diese Entwicklung sei schon vor Corona zu beobachten gewesen. "Sie könnte sich jetzt verstärken."

Kinder- und Jugendarbeit ist weit mehr als eine willkommene Abwechslung zu Schule und Familie. "Die Angebote ermöglichen Demokratiebildung", erklärt Schwerthelm. Junge Menschen lernten hier, ihre Interessen zu artikulieren, zur Diskussion zu stellen und sie mit anderen demokratisch auszuhandeln. "Kinder und Jugendliche sind eben nicht nur Schülerinnen und Schüler, sondern auch Bürgerinnen und Bürger", unterstreicht der Experte für Demokratiebildung. Erste Studienergebnisse zeigten jedoch, dass sich Kinder und Jugendliche pandemiebedingt noch stärker als zuvor auf ihre Schülerrolle reduziert sehen.

Dass Jugendarbeiter in Lockdown-Zeiten mit Jugendlichen chatten oder junge Menschen in Videokonferenzen treffen, sei fraglos gut. Kritisch sieht Schwerthelm allerdings, dass sich hier Gruppenarbeit verschiebe "hin zu Hilfsangeboten bei akuten Problemlagen".