Corona-Proteste erreichen Dresdner Landtag

Corona-Proteste erreichen Dresdner Landtag
Bundesregierung verurteilt Gewalteskalation bei Demonstrationen vom Wochenende
In Dresden setzten sich Gegner der Corona-Maßnahmen am Wochenende über ein Demonstrationsverbot hinweg. Hier wie auch in Stuttgart blieb es nicht friedlich. In Sachsen befasst sich nun der Landtag mit den Vorfällen.

Dresden (epd). Die Gewalteskalation bei den Protesten vom Wochenende gegen die Corona-Politik hat in Sachsen ein parlamentarisches Nachspiel. Am Donnerstag tritt im Dresdner Landtag der Innenausschuss zu einer Sondersitzung zusammen, wie die Landtagsverwaltung am Montag mitteilte. Am Samstag hatten bundesweit zum Teil trotz Verbots mehrere tausend Menschen gegen die Corona-Eindämmungsmaßnahmen protestiert. Vor allem in Dresden und Stuttgart gab es dabei auch Angriffe auf Polizisten und Journalisten. Die Bundesregierung verurteilte die Gewalteskalation. Verfassungsrechtler kritisierten auch das Verhalten der Polizei bei den Veranstaltungen.

Regierungssprecher Steffen Seibert sagte in Berlin, "Gewalt gegen Polizei und Journalisten am Rande von Demonstrationen ist inakzeptabel und auch unerträglich für uns als demokratisches Land." Das widerspreche dem Recht zur friedlichen Demonstration: "Das ist nicht zulässig, und es ist nicht zu tolerieren."

In Dresden waren Hunderte Menschen trotz Demonstrationsverbots auf die Straße gegangen, zwölf Beamte wurden nach Polizeiangaben bei den Protesten verletzt. In Stuttgart griffen Demonstranten nach Angaben der Polizei ein Fernsehteam sowie Polizeibeamte an.

Ein Jahr nach dem Beginn der Pandemie in Deutschland hatte die aus Stuttgart stammende Initiative "Querdenken" zu den Demonstrationen aufgerufen. Bei ihren Versammlungen im zurückliegenden Jahr waren immer wieder verschwörungstheoretische Reden gehalten worden, und es hatten sich Rechtsextremisten unter die Demo-Teilnehmer gemischt.

Die Stadtverwaltung Dresden hatte drei von der Bewegung "Querdenken" für Samstag angemeldete Demonstrationen mit Verweis auf das hohe Infektionsrisiko verboten. Eine Demonstration im November in Leipzig, bei der ebenfalls Teilnehmerinnen und Teilnehmer größtenteils ohne Masken und Abstand unterwegs waren, hatte gezeigt, dass das Gesundheitsrisiko erheblich erhöht war. Wissenschaftler führten danach Tausende Coronavirus-Infektionen auf diese Versammlung zurück.

Der Leipziger Staats- und Verfassungsrechtler Christoph Degenhart sagte am Montag dem Evangelischen Pressedienst (epd), die Sicherheitskräfte seien offenbar "nicht willens oder in der Lage" gewesen, Ordnungsauflagen durchzusetzen. Die Verantwortung liege zwar in erster Linie "auf Seiten der Demonstranten, die sich nicht an Regeln halten". Es sei aber zu beobachten, dass die Polizei "dort, wo sie keinen Widerstand erwartet, also bei Leuten, die im Großen und Ganzen rechtstreu sind, mit aller Konsequenz und Rigorosität vorgeht". Dagegen seien die Einsatzkräfte oft sehr zurückhaltend, "dort, wo massenhaft Rechtsbrüche und Widerstand erwartet werden".

Der Direktor der Evangelischen Akademie Sachsen, Stephan Bickhardt, sagte dem epd, ihn hätten die Bilder der Proteste erschreckt. Sorgen bereiteten ihm auch die wiederholten Angriffe auf die Pressefreiheit. Ganz vergessen werde bei den Protesten außerdem, dass Politiker und Verantwortliche in der Pandemie bis an den Rand ihrer körperlichen Grenzen arbeiteten. Zu rufen, "wir wollen unsere Freiheit zurück", sei ganz und gar nicht verhältnismäßig. "Alle, die sagen, dass Grundrechte abgeschafft sind, liegen falsch", sagte er.

epd lob/mey/hei jup