Papst mahnt im Irak zu Frieden und Widerstand gegen Gewalt und Terror

Papst mahnt im Irak zu Frieden und Widerstand gegen Gewalt und Terror
Begeisterte Menschenmassen ohne Atemmaske jubeln dem Kirchenoberhaupt trotz Corona-Epidemie im Norden des Irak zu. Bis an die Zähne bewaffnete Scharfschützen im Papstkonvoi signalisieren das hohe Attentatsrisiko in der Region.

Rom, Mossul (epd). Frieden, Versöhnung und der Zusammenhalt der Religionen haben am Wochenende den Besuch von Papst Franziskus im Irak bestimmt. Bei einem Treffen mit der höchsten schiitischen Autorität des Landes, Großayatollah Ali al-Sistani, dankte Franziskus für Rückhalt bei der Verteidigung religiöser Minderheiten gegen Unterdrückung und Verfolgung. Im Nordirak erinnerte der Papst am Sonntag an die Gewaltherrschaft der Terrormiliz "Islamischer Staat" und ermutigte zu Widerstand gegen Gewalt, Hass und Zerstörung.

"Gemeinsam mit allen Menschen guten Willens sagen wir Nein zum Terrorismus und zur Instrumentalisierung der Religion", rief der Papst am Sonntag, dem dritten Tag seiner Irak-Reise, den Gläubigen in Karakosch zu. Trotz steigender Corona-Infektionen im gesamten Irak strömten zahlreiche Menschen zusammen, um den Papst willkommen zu heißen. Beim Besuch in der wieder hergerichteten Kirche der Unbefleckten Empfängnis wies Franziskus auf die "Zeichen der zerstörerischen Kraft der Gewalt, des Hasses und des Krieges" hin. Karakosch war bis zur Eroberung durch den IS vor rund sieben Jahren die größte Stadt des mehrheitlich schiitischen Iraks mit einer christlichen Bevölkerungsmehrheit. Seit der Befreiung der Stadt von der IS-Terrorherrschaft 2016 kehrte knapp die Hälfte der vor der Gewalt der Islamisten geflüchteten Bevölkerung zurück.

Im dreißig Kilometer entfernten Mossul betete der Papst vor den Trümmern mehrerer zerstörter Kirchen für die Opfer von Gewalt und Krieg. Der Irak sei als "Wiege der Zivilisation von einem unmenschlichen Sturm" getroffen worden. Dieser habe antike Kultstätten zerstört und Abertausende von Menschen - Moslems, Christen, Jesiden - getötet oder gewaltsam vertrieben. Die Terrormiliz IS hatte Mossul zur Hauptstadt des von ihr ausgerufenen Kalifats im Nordirak erklärt. Menschen dürften nicht im Namen Gottes töten, Krieg führen und hassen, betonte der Papst vor einem Kreuz aus Balken mit Brandspuren. Im Anschluss an die Zeremonie nahm Franziskus eine weiße Friedenstaube in die Hände und ließ sie fliegen.

Zum Abschluss seiner Irak-Reise feierte der Papst am Sonntagnachmittag im Stadion von Erbil, der Hauptstadt der autonomen Kurdenregion, eine Messe mit mehreren Tausend Gläubigen. Dabei warnte er eindringlich vor der "Versuchung, nach Rache zu suchen, die in eine endlose Vergeltungsspirale versinken lässt".

Bereits am Samstag kam Franziskus mit Großayatollah al-Sistani zusammen. Das Oberhaupt der katholischen Kirche dankte al-Sistani für die Verteidigung religiöser Minderheiten gegen Unterdrückung und Verfolgung.

Bei einem anschließenden interreligiösen Treffen in Ur im Süden des Landes betonte der Papst angesichts der anhaltenden Konflikte in der Region: "Feindseligkeit, Extremismus und Gewalt sind Verrat an der Religion". Die Begegnung fand an dem Ort statt, an dem der biblischen Überlieferung zufolge Abraham, der Stammvater von Juden, Christen und Muslimen, geboren wurde. Gläubige dürften nicht schweigen, wenn Terrorismus Religion missbrauche, sagte Franziskus vor den Überresten der 6.000 Jahre alten Stadt Ur.