Asylverfahren in Anker-Zentren nicht wesentlich schneller

Asylverfahren in Anker-Zentren nicht wesentlich schneller

Berlin (epd). Mit den ab 2018 eingerichteten sogenannten Anker-Zentren für Flüchtlinge sind die Asylverfahren nach einem Evaluationsbericht des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) nicht wesentlich schneller geworden. Erstanträge von neu angekommenen Flüchtlinge würden dort fünf Tage schneller bearbeitet - in 77 statt 82 Tagen, heißt es in dem Bericht, der dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt. Bei Folgeanträgen beträgt der Zeitgewinn demnach neun Tage. Dublin-Verfahren, bei denen geprüft wird, ob ein anderer EU-Staat für das Verfahren zuständig ist, dauern dem Bericht zufolge in Anker-Zentren genauso lang wie an anderen Standorten des Bundesamts.

In dem rund 200-seitigen Bericht, über den zuerst die Zeitungen der Funke Mediengruppe (Mittwoch) berichteten, ist bei den Erstanträgen von einer "leichten Effizienzsteigerung" die Rede. In den Anker-Zentren sollten Ankunft, Asylverfahren, kommunale Verteilung oder Rückführung abgelehnter Asylbewerber möglichst effizient an einer Stelle abgewickelt werden. Ziel war damals vor allem eine Beschleunigung der Asylverfahren auf maximal drei Monate, die inzwischen auch an anderen Standorten des Bundesamts erreicht wird.

Flüchtlingsorganisationen kritisierten wiederholt das Festhalten der Menschen über längere Zeiträume in diesen Einrichtungen. Die ersten Anker-Zentren wurden 2018 in Bayern eingerichtet. Für den Evaluationsbericht untersuchte das Bamf 14 dieser Zentren.

Der Bericht zieht eine positive Bilanz der Zusammenführung von Zuständigkeiten in den Zentren. Er hebt beispielsweise hervor, dass für die Identitätsfeststellung dort in mehr als der Hälfte der Fälle (53 Prozent) mobile Datenträger - beispielsweise Handys - der Schutzsuchenden bereits vor Antragstellung ausgelesen werden. An anderen Standorten des Bundesamts sei das nur in rund acht Prozent der Fälle der Fall. Auch diese Praxis stößt bei Flüchtlingsorganisationen auf Kritik.

Die Linkenpolitikerin Ulla Jelpke wertete die Bilanz anders als das Bamf selbst. Vieles von dem, was Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sich von den Zentren versprochen habe - schnellere Verfahren und schnellere Abschiebungen - sei nicht erreicht worden. "Erreicht wurde hingegen eine Entmündigung und Entrechtung von Menschen, die auf engstem Raum in Lager gezwungen und von unabhängigen Beratungsstrukturen und der Zivilgesellschaft abgeschnitten wurden", sagte die Bundestagsabgeordnete.