Welthandel: EKD betont Verantwortung aller beim Menschenrechtsschutz

Welthandel: EKD betont Verantwortung aller beim Menschenrechtsschutz
Die Bundesregierung arbeitet am Entwurf für ein Lieferkettengesetz. Damit sollen deutsche Firmen verpflichtet werden, im globalen Handel stärker auf den Schutz von Menschenrechten zu achten. Die evangelische Kirche sieht noch mehr Handlungsbedarf.

Berlin (epd). Das geplante deutsche Lieferkettengesetz ist nach Einschätzung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) nur ein erster Schritt zum Schutz von Menschenrechten im globalen Handel. Wie aus einem am Dienstag veröffentlichten Impulspapier hervorgeht, sind weitere Maßnahmen auf Ebene der Europäischen Union, der Vereinten Nationen sowie bei Wirtschaftsförderung und Handelspolitik nötig.

"Wir tragen Verantwortung für die Art, wie wir wirtschaften", erklärte der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm. "Die Verantwortung liegt sowohl bei den Unternehmen und bei der Politik als auch bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern."

Die Bundesregierung hatte sich am Freitag nach monatelangem internem Streit auf ein Lieferkettengesetz geeinigt: Große deutsche Unternehmen werden damit ab 2023 verpflichtet, auch bei ihren ausländischen Zulieferern auf die Einhaltung von Menschenrechten und auf Umweltschutz zu achten. Das Regelwerk soll zunächst für die etwa 600 großen Firmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten gelten, ab 2024 für insgesamt knapp 3.000 Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten.

Ein Referentenentwurf des Bundesarbeitsministeriums ist momentan in der Ressortabstimmung. Darin heißt es, dass Unternehmen zur Beachtung der menschenrechtlichen Sorgfalt "in angemessener Weise" verpflichtet sind. So müssten sie "ein angemessenes Risikomanagement einführen und wirksam umsetzen". Dafür Zuständige müssten eingesetzt werden, beispielsweise Menschenrechtsbeauftragte. In dem Papier, das dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt, wird ein "Zwangsgeld" von bis zu 50.000 Euro aufgeführt, die Höhe des "Bußgeldes" für schwerwiegende Verstöße aber noch nicht festgelegt. Bei solchen Verstößen sollen Unternehmen bis zu drei Jahre von öffentlichen Ausschreibungen ausgeschlossen werden können.

In einem EKD-Fachgespräch zum Lieferkettengesetz gab es auch Kritik an den Gesetzesplänen. FDP-Generalsekretär Volker Wissing bemängelte insbesondere, dass nicht gleich an einer europäischen Lösung gearbeitet worden sei. Durch solch nationale Gesetzgebungen werde der europäische Binnenmarkt zerklüftet und somit die Stimme Europas in der Welt geschwächt. Wolfgang Bartels von Daimler pochte ebenfalls auf eine europäische Regelung und wies zugleich darauf hin, dass allein sein Konzern 60.000 direkte Lieferanten habe. Ein Überblick über eine Lieferkette bis ins siebte oder achte Glied sei schlicht und ergreifend für niemanden machbar. Daher müsse die richtige Balance gefunden werden zwischen dem, was machbar, und dem, was wünschenswert sei.

Der Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium, Björn Böhning, verteidigte den Entwurf. Schon jetzt gebe es in Europa eine "Flickenteppichsituation", da Frankreich und die Niederlande bereits eigene Regelungen hätten. Er betonte, dass das deutsche Gesetz gegebenenfalls auch angepasst werde, wenn eine europäische Regelung eingeführt sei. In Sachen Machbarkeit wies er darauf hin, dass Unternehmen wie Daimler schon aufgrund seiner internationalen Standorte mehr Möglichkeiten hätten, auf Sorgfalt zu achten, als kleinere Unternehmen.

Die Koordinatorin der aus vielen Organisationen entstandenen "Initiative Lieferkettengesetz", Johanna Kusch, hob hervor, dass es beim Lieferkettengesetz vor allem um die präventive Wirkung gehe. Unternehmen würden dazu angehalten, die Risiken in ihrer Wertschöpfungskette zu kennen und zu versuchen, sie zu vermeiden.

Der von der EKD-Kammer für nachhaltige Entwicklung herausgegebene theologisch-ethische Beitrag zu globalen Lieferketten und deren "menschenrechtliche und sozial-ökologische Gestaltung aus evangelischer Perspektive" formuliert zehn zentrale Handlungsoptionen, die über das deutsche Lieferkettengesetz hinausgehen. Demnach wird unter anderem die Rolle der EU als Motor beim Schutz von Menschenrechten in den globalen Lieferketten bislang noch nicht hinreichend genutzt, und auf internationaler Ebene kommen Verhandlungen über einen Vertrag zur menschenrechtlichen Sorgfalt nicht voran. Hier müssten sich Deutschland und die EU stärker einbringen.