Streit um Missbrauchs-Gutachten: Woelki schließt Rücktritt nicht aus

Streit um Missbrauchs-Gutachten: Woelki schließt Rücktritt nicht aus
Laien und Frauen-Reformbewegung fordern grundlegende Änderungen
Verantwortung übernehmen, Vertrauensverlust wiedergutmachen: Der Kölner Erzbischof Woelki reagiert versöhnlich auf Vorwürfe im Konflikt um die Missbrauchs-Aufarbeitung. Die Laienorganisation ZdK und die Frauen-Reformbewegung überzeugt er nicht.

Köln/Düsseldorf (epd). Im Streit um ein zurückgehaltenes Missbrauchs-Gutachten hat der Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki die Übernahme von Verantwortung angekündigt und auch einen Rücktritt nicht ausgeschlossen, falls ihm ein neu bestelltes zweites Gutachten ein pflichtwidriges Verhalten attestiert. Für den Präsidenten des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, kommen diese Äußerungen zu spät. Die Reforminitiative katholischer Frauen "Maria 2.0" forderte, die "systemischen Ursachen" des Missbrauchs und seiner Vertuschung zu beseitigen.

Woelki sagte der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Samstag), die Übernahme von Verantwortung, die er von allen anderen verlange, "werde ich auch mir abverlangen". Zur Untersuchung möglicher Fehler und Versäumnisse gehöre die Nennung von Namen, "denn Verantwortung ist persönlich".

Woelki steht in der Kritik, weil er ein 2018 von ihm beauftragtes und inzwischen fertiggestelltes Missbrauchsgutachten der Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl nicht veröffentlichen will, dafür werden methodische Mängel angeführt. Stattdessen gab der Kardinal beim Kölner Strafrechtler Björn Gercke ein neues Gutachten in Auftrag, das am 18. März veröffentlicht werden soll. Dem Kardinal wird zudem Vertuschung vorgeworfen, weil er 2015 nach der Prüfung von Personalakten einen mutmaßlichen Missbrauchsfall nicht an den Apostolischen Stuhl in Rom gemeldet hat. Woelki selbst bat Papst Franziskus um Prüfung, ob er damit eine Pflichtverletzung begangen hat.

Mit dem Gercke-Gutachten werde es eine "solide und methodisch sehr gute Basis für die weitere Aufarbeitung" von sexuellem Missbrauch durch Kleriker im Erzbistum Köln geben, sagte Woelki. Mit den Ergebnissen "sind wir in der Lage, die organisatorischen, strukturellen oder systemischen Fehler und Versäumnisse im Erzbistum zu benennen". Nach dem 18. März solle auch ein Vergleich der beiden Gutachten möglich sein, "zunächst für Betroffene und dann für Journalisten und weitere Interessierte". Dies könne ein erster Schritt sein, den "Vertrauensverlusts wiedergutzumachen".

ZdK-Präsident Sternberg zeigte sich am Samstag im Deutschlandfunk verärgert über den "katastrophalen Umgang in der Kommunikation und auch im Gebaren des Kardinals und des Bistums bislang". "Meines Erachtens hilft nur ganz klare und saubere Transparenz in der Sache, diese Transparenz scheint hier verletzt zu sein", sagte er mit Blick auf das zurückgehaltene Gutachten. Die gesamte Auftragsvergabe sei ein "Kernfehler" gewesen, solche Untersuchungen müssten unabhängige, von außen kommende Wissenschaftler vornehmen und auch entscheiden, was veröffentlicht wird.

Woelki hoffe jetzt auf die Veröffentlichung des zweiten Gutachtens am 18. März, sagte Sternberg und betonte, dieser Tag werde ganz sicher zu spät sein: "Denn der Ärger in seinem Bistum ist wohl inzwischen so groß und so sehr auch in den Kerngemeinden angekommen, dass er diese Verärgerung jetzt nicht mit einem Verweis auf den 18. März ausräumen kann."

Nach den Worten von Maria Mesrian, Theologin und Aktivistin bei Maria 2.0, kann "kein Mensch nachvollziehen, warum es jetzt noch ein Gutachten geben soll". "Wir wissen, was passiert ist, wir wissen, in welchem System, in welcher Atmosphäre diese Taten begangen wurden und wie sie vertuscht wurden", sagte sie im am Samstag im WDR-Radio. Woelki und die gesamte Bistumsleitung hätten Fehler gemacht und müssten ebenso wie andere Verantwortliche für sich über Konsequenzen entscheiden. Ein Rücktritt allein nütze aber nichts, betonte Mesrian: "Das gesamte System steht zur Disposition, weil wir gesehen haben, dass Aufklärung, wenn sie die Kirche selbst betreiben will, nicht möglich ist."