Heil kündigt weitere "zähe" Verhandlungen zu Lieferkettengesetz an

Heil kündigt weitere "zähe" Verhandlungen zu Lieferkettengesetz an
Seit sieben Monaten streiten drei Ministerien um ein Lieferkettengesetz und kommen nicht zu einer Lösung. Arbeitsminister Heil ist sauer. Im Januar wird auf höchster Ebene weitergesprochen.

Berlin (epd). Der Streit um ein Lieferkettengesetz soll im Januar auf höchster Ebene geklärt werden. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sagte am Donnerstag in Berlin, da die Verhandlungen der zuständigen Minister keinen Erfolg gehabt hätten, werde es im Januar ein Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) geben. Dabei werde hoffentlich eine Klärung erreicht. Noch gebe es die Chance, ein Gesetz in dieser Legislaturperiode unter Dach und Fach zu bringen, betonte er.

Mit einem Lieferkettengesetz sollen große deutsche Unternehmen in die Verantwortung genommen werden, wenn ihre ausländischen Partner gegen Menschenrechte verstoßen. Heil hatte gemeinsam mit Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) schon vor Monaten Eckpunkte erarbeitet. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) wollte jedoch nicht, dass deutsche Unternehmen bei Verstößen gegen menschenrechtliche Anforderungen im Ausland auch hierzulande haftbar werden und stellte sich quer. "Ich bin ziemlich sauer", sagte Heil dazu.

Der Minister betonte, dass er ein wirksames Gesetz wolle und kein "Placebo". Dafür werde er zäh verhandeln. "Ich werde nicht lockerlassen." Wesentlicher Knackpunkt ist Heil zufolge die Frage, wie die Einhaltung des Gesetzes kontrolliert und sanktioniert wird. Er wolle kein Gesetz, das nur Berichtspflichten vorsehe. "Es darf nicht einfach ein Berichtsfriedhof für Unternehmen sein."

Man habe sich an entscheidenden Punkten verhakt, sagte er und nannte die zivilrechtliche Haftung. Beim Streit darum, ab welcher Unternehmensgröße das Gesetz gelten soll, sieht Heil wiederum Chancen für eine Einigung. Details wollte er mit Blick auf die weiterlaufenden Verhandlungen nicht nennen. Bislang hatten Heil und Müller vorgesehen, dass große Firmen mit mehr als 500 Beschäftigten unter das Lieferkettengesetz fallen.

Große Unternehmen hätten eine Verantwortung, betonte Heil und nannte "bedrückende" Zahlen: So arbeiteten 1,4 Milliarden Menschen weltweit unter menschenunwürdigen Bedingungen. 25 Millionen Menschen seien Opfer von Zwangsarbeit und Sklaverei. 152 Millionen Kinder würden gezwungen, zu arbeiten - die Hälfte von ihnen sei jünger als zwölf Jahre. "Das dürfen wir nicht weiter geschehen lassen. Wenn Kinder in Coltan-Minen arbeiten müssen, wenn Näherinnen in Textilfabriken verbrennen, dann geht uns das etwas an: Es geht um unsere Produkte in Deutschland."

Merkel hatte sich am Mittwoch im Bundestag deutlich für ein Lieferkettengesetz ausgesprochen - allerdings in einer entschärften Form. Bei der Befragung der Bundesregierung stellte sie klar: "Ich bin für das Lieferkettengesetz." Allerdings äußerte sie sich skeptisch zu einer zivilrechtlichen Haftung nach deutschem Recht. Davon sei im Koalitionsvertrag von Union und SPD nicht die Rede, betonte sie.

Das Lieferkettengesetz geht auf den "Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte" (NAP) aus dem Jahr 2016 zurück, der auch im Koalitionsvertrag bekräftigt wird. Dieser sieht vor: Wenn sich bis 2020 herausstellt, dass weniger als die Hälfte der großen Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten den Sorgfaltspflichten nachkommen, sollen "weitergehende Schritte bis hin zu gesetzlichen Maßnahmen" geprüft werden. Umfragen zur Selbsteinschätzung deutscher Unternehmen kamen daraufhin zum Ergebnis, dass noch nicht einmal ein Fünftel der Unternehmen die menschenrechtlichen Anforderungen erfüllten.

epd co/mey fu