Lob und Kritik nach Koalitionseinigung auf Frauenquote in Vorständen

Lob und Kritik nach Koalitionseinigung auf Frauenquote in Vorständen
Ein Meilenstein oder nur ein kleines Schrittchen? Die große Koalition feiert ihre Einigung auf eine Frauenquote in Vorständen größerer Unternehmen als Durchbruch. Aus der Opposition kommen kritische Stimmen.

Berlin (epd). Mit der Einigung auf eine Frauenquote in Vorständen größerer Unternehmen sieht die große Koalition einen Meilenstein für mehr Gleichberechtigung erreicht. "Wir machen Schluss mit frauenfreien Vorstandsetagen in den großen Unternehmen", erklärte Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) zu der Übereinkunft, die die dafür eingesetzte Arbeitsgruppe der Koalition nach langem Ringen am Freitag erzielt hatte. Kritik kam aus der Opposition.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sagte am Samstag im Deutschlandfunk, es sei richtig, dass die Koalition hier den nächsten Schritt tue. Es sei heute nicht mehr vermittelbar, dass es Vorstände gebe, in denen keine Frau vertreten sei. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) sagte, Frauen trügen mit hoher Qualifikation und Leistung zum Unternehmenserfolg bei. Das müsse auch in den Führungsebenen der Unternehmen abgebildet werden.

Die zuständigen Bundesministerien für Justiz und Familie sowie Abgeordnete der Koalition gaben die Einigung am Freitagabend bekannt. Demnach muss in Vorständen börsennotierter und paritätisch mitbestimmter Unternehmen mit mehr als drei Mitgliedern künftig ein Mitglied eine Frau sein. Für Unternehmen mit Mehrheitsbeteiligung des Bundes soll den Angaben zufolge eine Aufsichtsratsquote von mindestens 30 Prozent und eine Mindestbeteiligung in Vorständen gelten. Ebenso soll bei den Körperschaften des öffentlichen Rechts wie den Krankenkassen, bei den Renten- und Unfallversicherungsträgern sowie bei der Bundesagentur für Arbeit eine Mindestbeteiligung eingeführt werden.

Seit 2016 gilt für Aufsichtsräte großer börsennotierter und mitbestimmungspflichtiger Unternehmen eine Frauenquote. Sie müssen mindestens 30 Prozent der Posten mit Frauen besetzen. Bei den Vorständen setzte die Bundesregierung damals auf Freiwilligkeit. Die Unternehmen sollten sich eigene Zielmarken setzen. Mehrere wissenschaftliche Studien sowie Gutachten der Bundesregierung zeigen, dass die Mehrheit der Unternehmen sich das Ziel von "0" Frauen im Vorstand setzt. Zudem ist der Anteil weiblicher Führungskräfte dort kaum gestiegen. Die SPD-Ministerinnen Lambrecht und Giffey hatten deshalb auf eine gesetzlich verankerte, verbindliche Regelung gedrungen.

Das Ergebnis der Koalitionsarbeitsgruppe soll den Angaben zufolge in der nächsten Woche den Koalitionsspitzen zur abschließenden Entscheidung vorgelegt werden. Danach soll die Ressortabstimmung über ein Gesetz starten. Einen ersten Referentenentwurf hatten die Ministerinnen für Justiz und Familie bereits vorgelegt. Eine Kabinettsentscheidung soll "zeitnah" erfolgen, hieß es.

Staatsministerin Annette Widmann-Mauz, für die CDU Mitglied der Arbeitsgruppe, sprach von einer wichtigen bewältigten Hürde, die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Nadine Schön, von einem "Meilenstein". Mehr Frauen in den Vorständen bedeute "weniger gläserne Decken und bessere Einkommens- und Karrierechancen für alle Frauen", erklärte die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast.

Die Sprecherin für Frauenpolitik der Grünen-Fraktion, Ulle Schauws, erklärte, es sei höchste Zeit, dass eine verbindliche Frauenquote in Vorständen eingeführt werde. Aber: "Leider kann das, was SPD und Union jetzt vollmundig als Quote für Vorstände ankündigen, höchstens als Mindestbeteiligung bezeichnet werden. Mehr ist es nicht." Doris Achelwilm, zuständige Sprecherin der Linken-Fraktion, erklärte: Die Frauenquote komme nun "lediglich als Mikro-Version" und greife viel zu kurz. Die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel nannte die Frauenquote "wirtschaftsfeindliche Klientelpolitik".

epd co/svo bue