Bibelmuseum droht Schließung

Spitzendrucke der ältesten Bibelübersetzungen in Frankfurt
© epd-bild/Jochen Guenther
Spitzendrucke der ältesten Bibelübersetzungen in Frankfurt.
Bibelmuseum droht Schließung
Für das Bibelmuseum kam der Vorschlag überraschend: In einer Beschlussvorlage für das hessen-nassauische Kirchenparlament wurde die Streichung des Zuschusses empfohlen. Museumsexperten reagierten schockiert.

Dem Frankfurter Bibelhaus Erlebnis Museum droht die Schließung. Die Leitung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) als Hauptgeldgeber schlägt der Ende November tagenden Synode vor, den jährlichen Zuschuss von rund 616.000 Euro bis Ende 2024 einzustellen. "Wir sind entsetzt über die Beschlussvorlage", sagte der Museumsdirektor Jürgen Schefzyk am Freitag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Auch alle Partner - darunter die Deutsche Nationalbibliothek, das Deutsche Historische Museum, die Bayerische Staatsbibliothek und das Pariser Louvre - äußerten Entsetzen. Das Museum erfuhr laut Schefzyk erst aus der Beschlussvorlage von der Entscheidung der Kirchenleitung.

Das Bibelhaus ist nach den Worten des Direktors das einzige Bibelmuseum in Deutschland, das die Welt der Entstehung der Heiligen Schrift vom 2. Jahrhundert vor bis zum 2. Jahrhundert nach Christus anhand von originalen archäologischen Funden erklärt. Das Museum sei das einzige über Deutschland hinaus, das einen Vertrag mit der israelischen Antikenverwaltung geschlossen habe, um Grabungsfunde aus Israel eigenständig ausstellen zu dürfen.

Bis zu 20.000 junge Menschen besuchten im Jahr das Haus, darunter viele gemischt-religiöse Schulklassen. Das Museum leiste auf einmalige Weise eine Bildungsaufgabe und sei ein Forum für interreligiöse Gespräche, sagte Schefzyk. Mit der historischen Lesart der Bibel anhand von archäologischen Objekten stehe das Haus auch an der Seite derjenigen, die den Islam historisch interpretierten. "Unsere Vermittlung öffnet den Horizont und beugt fundamentalistischen Positionen vor."

Mit der Streichung der Gelder gehe zudem ein wichtiger Baustein in den deutsch-israelischen Kulturbeziehungen und der universitären Kooperation verloren, sagte der Direktor. Das Museum arbeite mit mehr als zehn Universitäten zusammen und vermittle deren Forschungsergebnisse an die Besucher.

Präses nicht glücklich über die Beschlussvorlage

Der Generaldirektor der Bayerischen Staatsbibliothek München, Klaus Ceynowa, äußerte sich "schockiert". Eine Schließung des Bibelhaus-Museums wäre "ein Verlust, der unersetzlich wäre", sagte er dem epd. Es brauche in Deutschland zwingend einen Ort, der sich mit der Bibel auseinandersetzt in einer Weise, wie es das Bibelhaus tue. Dessen wissenschaftliche Präsentations-Standards stünden weit über denen des großen, 2017 in Washington mit evangelikalem Hintergrund privat gegründeten "Museum of the Bible".

Der Präsident des Museumsträgers Frankfurter Bibelgesellschaft, Thomas Kreuzer, bezeichnete die Beschlussvorlage der Kirchenleitung als Fehler. Das Bibelhaus sei eines der "Leuchtturmprojekte" der EKHN und zentrales Element der Vermittlungsarbeit der Bibelgesellschaft. In einer Zeit, in der Religionen zueinander finden sollen, gebe es mit dem Bibelhaus einen Ort, wo Schüler sich interkulturell über ihre Religionen austauschten, sagte Kreuzer.

Der Präses (Vorsitzende) der Kirchensynode, Ulrich Oelschläger, sagte, er sei nicht glücklich über die Beschlussvorlage. Er könne sich vorstellen, dass die vorgesehene Frist des Zuschusses über 2024 hinaus verlängert werde.

Keine Zustimmung für andere Vorschläge

Die EKHN finanziert mit dem jährlichen Zuschuss von rund 616.000 Euro nach Schefzyks Angaben die Grundausstattung wie die Miete und zweieinhalb Personalstellen. Die Stadt Frankfurt steuere rund 50.000 Euro bei, dazu kämen Spenden. "Wir wollen hierbleiben", sagte der Direktor. Instandsetzungen seien auch schrittweise denkbar. Das Bibelhaus wolle versuchen, Großspender zu gewinnen, aber es sei "fast ausgeschlossen", die Höhe der EKHN-Mittel einwerben zu können.

Das Kirchenparlament hatte vor einem Jahr einen Neubau des Museums an anderem Ort aus Kostengründen abgelehnt. Mehrere Alternativvorschläge zu Zukunft des Hauses fanden kirchenintern keine Zustimmung. Für eine Erneuerung des Museums bezifferte die EKHN einen Kostenrahmen zwischen 2,5 Millionen Euro (ohne Ausstellungsstücke) und 10,5 Millionen Euro (mit den archäologischen Exponaten).