Kirchen starten Anfang 2021 Plakat-Kampagne gegen Antisemitismus

Kirchen starten Anfang 2021 Plakat-Kampagne gegen Antisemitismus
Antisemitismusbeauftragter Klein: Unwissenheit macht empfänglich für Vorurteile
An die mindestens 1.700-jährige jüdische Geschichte in Deutschland wird im kommenden Jahr erinnert. Ein Beitrag zu dem Festjahr ist auch eine Plakat-Kampagne der Kirchen.

Berlin (epd). Mit einer Plakat-Kampagne wollen beide großen Kirchen ab Januar nächsten Jahres ein Zeichen gegen Antisemitismus setzen. Kernanliegen der Initiative "#beziehungsweise: jüdisch und christlich - näher als du denkst" sei es zudem, die Gemeinsamkeiten zwischen Juden und Christen in den Festen und im religiösen Leben aufzuzeigen, hieß es am Mittwoch bei der online übertragenen Vorstellung aus Berlin. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, begrüßte das Projekt als wichtigen Beitrag in der Aufklärung gegen weit verbreitete Vorurteile in der Gesellschaft.

Klein sagte, es gebe noch immer einen weit verbreiteten Glauben in Deutschland, dass die Bekämpfung von Antisemitismus die Mehrheit der Bevölkerung nichts anginge. Viele fühlten sich nicht betroffen und nicht angesprochen, dagegen aktiv zu werden. Er begrüße daher die Initiative, die Gemeinsamkeiten von Juden und Christen im religiösen Leben aufzuzeigen und damit die Verbundenheit der jüdischen und christlichen Tradition zu verdeutlichen. Denn Unwissenheit mache empfänglich für Vorurteile.

Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm sagte in einem Online-Grußwort, es müsse deutlich werden, dass Antisemitismus Sünde sei und allem widerspreche, wofür das Christentum steht. Die Initiative bringe wichtige Erkenntnisse aus dem christlich-jüdischen Dialog in die Öffentlichkeit. Es werde aber auch "nicht darüber hinweggesehen, wie sehr auch der christliche Antisemitismus zu der unheilvollen Geschichte der Judenverfolgung beigetragen hat". Es sei daher wichtig, ein Zeichen gegen einen neu aufschwellenden Antisemitismus zu setzen.

Der Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr erklärte, ohne das Judentum sei der christliche Glaube nicht zu verstehen. Seit einigen Jahren nehme der Antisemitismus in Deutschland wieder zu. Dies dürfe niemanden gleichgültig lassen: "Wir dürfen nicht wegschauen, wenn Juden beleidigt oder angegriffen werden", so der Leiter der Unterkommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum in der Bischofskonferenz: "Und wir dürfen nicht weghören, wenn über Judenwitze gelacht, wenn über eine angebliche jüdische Weltverschwörung schwadroniert oder der Staat Israel dämonisiert wird", so Neymeyr.

Das kommende Jahr sei auch ein Festjahr, mit dem 1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland gefeiert werde, so Klein. Mit dem Gedenkjahr wird an das Dekret des römischen Kaisers Konstantin aus dem Jahr 321 erinnert, in dem Juden der Zugang zu Ämtern in Köln erlaubt wird. Die Kirchen-Kampagne verstehe sich Klein zufolge als Beitrag zu diesem Festjahr.

Der Berliner Rabbiner Andreas Nachama räumte ein, die Kirchen seien Teil dieser Gesellschaft, "also wird es auch dort Antisemitismus geben, auch wenn ich in vielen Begegnungen mit Christinnen und Christen diese Erfahrung nicht gemacht habe". Zugleich würdigte er die Plakat-Kampagne als "wunderbaren Versuch", das jüdisch-christliche Gespräch anzuregen. Gut sei auch, dass dabei die Unterschiede nicht "weggeschliffen" würden.

Der frühere Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck sagte bei der Vorstellung in Berlin, die Initiative könne zu einem besseren gegenseitigen Verständnis beitragen. Dies könne zu einem freundlicheren und rücksichtsvolleren Umgang miteinander führen.

Die Kampagne starte bundesweit im Januar 2021 und laufe bis Dezember, so die Berliner Generalsuperintendentin Ulrike Trautwein bei der Präsentation. Kernstück sind monatlich wechselnde Plakate, die jüdische und christliche Feste erklären und Übereinstimmungen wie auch Unterschiede beider Traditionen aufzeigen. Die Plakate können in den Gemeinden aufgehängt werden und haben einen QR-Code, der zu weiteren Informationen führt. Das aus einer Initiative der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz entstandene Projekt wird von der EKD und der katholischen Deutschen Bischofskonferenz mitgetragen.