Nach Kritik: Welthungerhilfe will Häuser in Syrien nicht reparieren

Nach Kritik: Welthungerhilfe will Häuser in Syrien nicht reparieren

Bonn, Göttingen (epd). Nach Kritik von Menschenrechtlern hat die Deutsche Welthungerhilfe von der Restaurierung zerstörter Häuser in der nordsyrischen Region Afrin Abstand genommen. "Nach Prüfung aller Informationen sind wir zu dem Ergebnis gekommen, die zerstörten Häuser nicht zu reparieren", sagte eine Sprecherin der Welthungerhilfe am Dienstag dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Wir hatten berechtigte Zweifel, ob unsere Grundprinzipien der humanitären Hilfe wie etwa Neutralität unter den gegebenen Umständen einzuhalten sind."

Zuvor hatten die Gesellschaft für bedrohte Völker und andere Menschenrechtsorganisationen scharf gegen das Vorhaben der Welthungerhilfe protestiert. Die betreffenden Häuser gehörten vertriebenen kurdischen Familien und würden nun von islamistischen Milizionären und ihren Familien bewohnt. Diese Milizen hätten gemeinsam mit der türkischen Armee die ursprüngliche Bevölkerung vertrieben und sich deren Wohnstätten angeeignet.

Die Häuser zu renovieren würde die Besatzung verstetigen und Pläne des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan unterstützen, die Bevölkerung Afrins zu "türkisieren und islamisieren", sagte die Referentin der Gesellschaft für bedrohte Völker für ethnische und religiöse Minderheiten, Lina Stotz, in Göttingen. Die Ansiedlung der Milizionäre und ihrer Familien in den Häusern der kurdischen, christlichen und jesidischen Vertriebenen bedeute eine völkerrechtswidrige Veränderung der Demografie der Region. Die Besatzung Nordsyriens durch die Türkei dürfe nicht finanziell unterstützt oder belohnt werden.

Die nordsyrische Provinz Afrin ist seit dem Frühjahr 2018 von der Türkei und ihren islamistischen Verbündeten besetzt. Große Teile der Bevölkerung wurden vertrieben.

Die Deutsche Welthungerhilfe erklärte, sie nehme der Vorwürfe "sehr ernst". Seit 2013 unterstütze die Welthungerhilfe bedürftige Menschen, die innerhalb Syriens vor den Folgen des Krieges geflohen seien. Wie in anderen schwierigen Kontexten drohe die humanitäre Hilfe auch in Syrien immer wieder zum Spielball politischer Auseinandersetzung zu werden. "Bis heute wurden keine Reparaturen an Häusern durchgeführt", betonte die Sprecherin.