Islamismus-Experte: Politischen Islam besser beobachten

Islamismus-Experte: Politischen Islam besser beobachten

Frankfurt a.M./Wien (epd). Nach dem mutmaßlich islamistischen Attentat in Wien plädiert der österreichische Islamismus-Experte Heiko Heinisch für eine dauerhafte Beobachtung der islamistischen Bewegungen Muslimbruderschaft und Milli Görüs durch Verfassungsschützer in Europa. "Wir müssen diese Organisationen daran hindern, ihre Ideologie in die muslimische Community zu tragen", sagte Heinisch dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Dienstag in Wien. Nach den islamistischen Attentaten der vergangenen 20 Jahre könne es sich Europa nicht mehr leisten, die Tätigkeiten der legalistischen Organisationen des politischen Islams nicht besser zu verfolgen. "Diese Organisationen sind nach außen gewaltfrei, die Ideologie, für die sie stehen, ist es aber nicht."

Am Montagabend hatte mindestens ein Attentäter in Wien auf Menschen geschossen. Nach Berichten des Österreichischen Rundfunks (ORF) vom Dienstag wurden dabei mindestens vier Passanten getötet. Die Polizei erschoss einen Attentäter. Nach möglichen Mittätern wird gefahndet. Österreichs Innenminister Karl Nehammer sprach von einem islamistischen Anschlag.

Zwar unterstützten Organisationen wie die Muslimbruderschaft oder die von der Türkei gesteuerte Milli Görüs nicht direkt den gewaltbereiten, dschihadistischen Islam in Europa, erklärte Heinisch. "Doch teilweise unterscheidet sich das, was in manchen Moscheen gepredigt wird, nur minimal von dschihadistischen Ideologie", sagte der Autor. Zumeist fehle der direkte Aufruf zu Gewalttaten, aber an die dort vertretene Ideologie könnten gewaltbereite Islamisten anknüpfen. Und die in der Öffentlichkeit bekanntgewordenen Kriegsspiele von Kindern in Ditib-Moscheen zeigten, dass die Ideologie nicht per se gewaltfrei sei, sagte Heinisch, der in Österreich Mitglied ist des wissenschaftlichen Beirats der Dokumentationsstelle für politischen Islam.

Bei der Analyse von Akteuren in sozialen Netzwerken falle zudem auf, dass der gewaltbereite wie auch der legalistische Islam ein gemeinsames Narrativ bedienten: dass die Muslime seit 1.400 Jahren eine von außen bedrängte Gemeinschaft seien, diskriminiert würden, und sich zur Wehr setzen müssten, erläuterte Heinisch.

Das Landesamt für Verfassungsschutz Hessen stuft beide Organisationen, die Muslimbruderschaft wie auch Milli Görüs, als islamistisch ein. "Das Ziel solcher islamistischer Organisationen ist es, die bestehende Staats- und Gesellschaftsordnung durch langfristige Einflussnahme im Sinne einer islamistischen Ordnung umzugestalten", heißt es auf der Internetseite des hessischen Verfassungsschutzes (online).