Brandenburgs Verfassungsgericht kippt Paritätsgesetz

Brandenburgs Verfassungsgericht kippt Paritätsgesetz
Politikerinnen für neue Initiativen für mehr Frauen in Parlamenten
Brandenburgs Paritätsgesetz sollte den Frauenanteil im Landtag erhöhen. Doch das Landesverfassungsgericht hat das Gesetz kassiert. Es verletze grundlegende Rechte, urteilte das Gericht. Nun wollen Politikerinnen neue Wege zur Parität finden.

Potsdam (epd). Das brandenburgische Paritätsgesetz ist verfassungswidrig. Das Gesetz mit Frauenquoten für die Kandidatenlisten der politischen Parteien bei Landtagswahlen verletze Grundrechte und verstoße gegen die Verfassung, urteilte das Gericht am Freitag in Potsdam. Die Quoten-Regelungen widersprächen unter anderem der Organisationsfreiheit, Wahlvorschlagsfreiheit und Chancengleichheit der Parteien, sagte Gerichtspräsident Markus Möller. Das Urteil sei einstimmig ergangen. (Az.: VfGBbg 9/19, VfGBbg 55/19)

Frauenpolitikerinnen aus Bund und Ländern reagierten mit Forderungen nach neuen, verfassungskonformen Paritätsregelungen. Zustimmung zu dem Urteil kam unter anderem aus der FDP und der AfD.

Die Vorsitzende der CDU-Frauenunion, Annette Widmann-Mauz, erklärte, alle Parteien seien nun umso mehr in der Verantwortung, wirksame Maßnahmen zur Gleichstellung umzusetzen. "Wir brauchen die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an politischen Entscheidungen auf allen Ebenen", betonte Widmann-Mauz.

Die stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende und frühere brandenburgische Landtagsabgeordnete Klara Geywitz erklärte, die Entscheidung ändere "nichts an unserem Einsatz für Gleichberechtigung und Parität in deutschen Parlamenten". Auch von Grünen und Linken kamen Aufrufe zum weiteren Engagement für Gleichstellung und Parität.

Das Gericht hatte das Gesetz auf Antrag der rechtsextremen NPD und der AfD überprüft. Das Paritätsgesetz mache den Parteien personelle und programmatische Vorgaben und könne zu einem vom Staat vorgegebenen Ausschluss von Bewerbern oder Bewerberinnen führen, betonte Möller in der Urteilsbegründung. Damit würden die Freiheit der Parteien und die passive Wahlrechtsgleichheit unzulässig beeinträchtigt. Parteien mit unausgewogenem Geschlechterverhältnis würden zudem benachteiligt.

Die Landesverfassung erfordere keine paritätische Besetzung des Landtags, sagte Möller. Keine Bevölkerungsgruppe habe einen Anspruch darauf, im Parlament entsprechend ihrem Anteil an der Bevölkerung repräsentiert zu werden. Dass die Interessen von Frauen bei einem geringen Frauenanteil nicht ausreichend vertreten würden, sei nicht zwangsläufig. Der Landtag vertrete das gesamte Volk.

Brandenburgs Landtagspräsidentin Ulrike Liedtke (SPD) erklärte, die in Grundgesetz und Landesverfassung verankerte Gleichstellung von Frauen und Männern auch im öffentlichen Leben bleibe auf der Tagesordnung. Nun müsse geklärt werden, welche Wege dazu richtig und rechtlich gangbar seien.

Der Deutsche Frauenrat kritisierte die Gerichtsentscheidung als "herben Rückschlag für die Gleichstellung". Brandenburgs Gleichstellungsbeauftragte Manuela Dörnenburg und der Frauenpolitische Rat Brandenburg betonten, der Einsatz für Parität in der Politik werde fortgesetzt.

Das Anfang 2019 beschlossene Gesetz sollte die Parteien verpflichten, bei der Aufstellung ihrer Landeslisten für Landtagswahlen abwechselnd Frauen und Männer zu berücksichtigen. Es sollte erstmals 2024 angewendet werden. Brandenburg war mit den von den Grünen auf den Weg gebrachten Neuregelungen bundesweit Vorreiter. Das Thüringer Verfassungsgericht hatte bereits im Juli das dortige Paritätsgesetz gekippt.