Religiöse Begründung hat Konsequenzen für Staatsanwalt

Religiöse Begründung hat Konsequenzen für Staatsanwalt

Oldenburg (epd). Nachdem ein Staatsanwalt in einem Berufungsverfahren wegen Kindesmisshandlung vor dem Landgericht Oldenburg sein Plädoyer für eine milde Strafe mit Zitaten aus der Bibel begründet hat, drohen ihm nun Konsequenzen. "Religiöse Begründungen gehören nicht in ein Plädoyer", erklärte die Oldenburger Staatsanwaltschaft am Donnerstag selbstkritisch in einer Stellungnahme. Es dürfe kein Zweifel an staatlicher Neutralität gegenüber den Religionen aufkommen. "Und schon gar nicht dürfen religiöse Erwägungen sich gegen gesetzliche Vorgaben wenden und begangenes Unrecht relativieren."

Nach einem Bericht der Oldenburger "Nordwestzeitung" (online) hat sich der Staatsanwalt für einen 55-jährigen Familienvater eingesetzt, der nachweislich seine Kinder geschlagen hatte. Der Ankläger habe sich dabei auf den Bibelsatz berufen "Wer sein Kind liebt, der züchtigt es", berichtete das Blatt. Der Staatsanwalt habe auch auf Papst Franziskus verwiesen. Der Pontifex hatte im Februar 2015 bei einer Generalaudienz im Vatikan Schläge als Erziehungsmaßnahme indirekt befürwortet, Ohrfeigen jedoch ausdrücklich abgelehnt.

Der Staatsanwalt relativierte die Taten des Familienvaters nach Angaben der "Nordwestzeitung" auch mit den Worten, es sei noch gar nicht so lange her, da sei das Schlagen der eigenen Kinder erlaubt gewesen. Die Vorsitzende Richterin habe fassungslos auf diese Argumente reagiert.

Der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Matthias Hirschmann, sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), vor Gericht sei zu den Äußerungen zwar kein Wortprotokoll geführt worden, aber "sinnhaftig wird das nicht in Abrede gestellt". In seiner Erklärung zu dem Plädoyer schrieb er, Kinder hätten ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperverletzungen gegen Kinder seien im besonderen Maße Unrecht und dies müsse auch in einem Plädoyer deutlich werden: "Der hier vermittelte Eindruck, Gewalt als Mittel der Kindererziehung sei akzeptabel oder als Bagatellvergehen zu behandeln, ist falsch."

Die Staatsanwaltschaft Oldenburg bedauere die überaus missverständliche, unangebrachte und nicht zeitgemäße Wortwahl ihres Anklagevertreters, hieß es weiter. Der Vorgang ist nach Angaben Hirschmanns nun Gegenstand einer internen Aufarbeitung. Zu Art und Umfang möglicher Konsequenzen konnte er keine Angaben machen. Das sei Sache der Behördenleitung.