Corona-Regeln: Politik appelliert an die Vernunft der Bürger

Corona-Regeln: Politik appelliert an die Vernunft der Bürger
Die Bundesregierung hofft, dass die bisher getroffenen Maßnahmen gegen die weitere Ausbreitung des Coronavirus wirken. Die Bürger müssten dabei mithelfen, so der Appell. Bundespräsident Steinmeier ist weiterhin in Quarantäne.

Berlin (epd). Die Bundesregierung hat zu Vernunft im Umgang mit den steigenden Zahlen der Corona-Neuinfektionen aufgerufen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) appellierte an die Bereitschaft der Bürgerinnen und Bürger, sich an die verschärften Regeln zur Kontaktbeschränkung zu halten. "Wir müssen jetzt alles tun, damit das Virus sich nicht unkontrolliert ausbreitet", sagte sie am Samstag in ihrem Video-Podcast. Sie riet, auf jede Reise und jede Feier zu verzichten, die nicht unbedingt notwendig seien.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte sich am Samstag in Quarantäne begeben, weil ein Personenschützer des Staatsoberhaupts positiv auf das Coronavirus getestet worden war. Ein erster Test des Bundespräsidenten sei aber negativ, teilte das Bundespräsidialamt dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Sonntag mit. Die "Bild"-Zeitung hatte am Samstag als erste berichtet.

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) forderte mehr Augenmaß bei den Verboten zur Bekämpfung der Pandemie. "Bei allen Maßnahmen müssen wir stets darauf achten, dass sie gut begründet und für die Bürger nachvollziehbar sind", sagte sie der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Montag). "Nur so können wir die hohe Zustimmung der Bevölkerung erhalten." Laut einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Kantar im Auftrag der "Bild am Sonntag" sind 68 Prozent der Deutschen mit dem Corona-Management der Bundesregierung zufrieden.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) wandte sich dagegen, die Wirtschaft als Ganzes erneut herunterzufahren. "Die meisten wirtschaftlichen Aktivitäten, am Arbeitsplatz, beim Einkaufen oder Tanken, sind eher unproblematisch, sofern Hygiene- und Abstandsregeln eingehalten werden", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". "Einen neuen Lockdown brauchen wir deshalb nicht."

Ob ein erneuter "Lockdown" abgewendet werden könne, hänge von der Bevölkerung ab, sagte der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach. Die Frage sei, ob es gelinge, einen ausreichend großen Teil der Bevölkerung davon zu überzeugen, zur Eindämmung der Corona-Pandemie die Kontakte einzuschränken, sagte er der "Funke Mediengruppe" am Sonntag. Viele Auflagen ließen sich ohnehin schwer überprüfen.

Der Deutsche Städtetag forderte eine schnelle Verfügbarkeit von Bundeswehrsoldaten und anderen Helfern zur Kontaktnachverfolgung von Corona-Infizierten. "Der Personalbedarf ist immens und steigt rasant mit den Infektionszahlen. Dass er fünfstellig sein kann, halten wir für realistisch", sagte der Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Montag). Von einem Bedarf von mehr als 10.000 weiteren Helfern geht auch das Kanzleramt aus.

Die Bundeswehr hatte bereits 5.000 kurzfristig verfügbare und weitere 10.000 binnen 30 Tagen einsatzbereite Soldatinnen und Soldaten zur Corona-Amtshilfe abgestellt. "Wir schauen auch über die Bundeswehr hinaus, ob wir weitere Personalreserven in der Bundesregierung und nachgeordneten Behörden mobilisieren können", sagte Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) der "Rheinischen Post". Er hoffe auch, eine größere Zahl von Studierenden für diese Aufgabe zu gewinnen.

Braun brachte die Idee eines Staatsakts für Corona-Opfer am Ende der Pandemie wieder ins Gespräch. Bundespräsident Steinmeier hatte Anfang September angekündigt, er werde mit Bundestag, Bundesrat, Bundesregierung und Bundesverfassungsgericht über eine mögliche offizielle Trauer-Veranstaltung für die Corona-Opfer sprechen.

Nach Meinung der evangelischen Theologin Margot Käßmann sollte eine erneute Beschränkung der Personenzahl bei Trauerfeiern vermieden werden. "Taufen, Konfirmationen, Trauungen lassen sich nachholen. Eine Beerdigung nicht", schrieb sie in der "Bild am Sonntag". Während der ersten Phase mit strengen Kontaktbeschränkungen im Frühjahr hatten stellenweise nicht mehr als zehn Personen an Trauerfeiern teilnehmen können.

epd lwd/hei