Azubi-Fall: Antidiskriminierungsstelle sieht Recht auf Entschädigung

Azubi-Fall: Antidiskriminierungsstelle sieht Recht auf Entschädigung
Die Absage eines brandenburgischen Betriebs auf eine Azubi-Bewerbung vor einigen Monaten sorgt derzeit für Debatten: Der Geschäftsführer hatte darin auch den Islam kritisiert. Er bleibt trotz Kritik bei seiner Aussage.
14.10.2020
epd
Von Yvonne Jennerjahn (epd)

Berlin/Cottbus (epd). Im März kam die Ablehnung, mehr als ein halbes Jahr danach wurde sie nun auf Twitter öffentlich gemacht und hat scharfe Kritik und Diskussionen ausgelöst: Das islamkritische Ablehnungsschreiben eines brandenburgischen Betriebs auf eine Azubi-Bewerbung verstößt nach Einschätzung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes gegen geltendes Recht. Der Geschäftsführer der Asphalt Straßenbau GmbH aus Kolkwitz bei Cottbus, Frank Pilzecker, steht dennoch weiter dazu.

In dem Ablehnungsschreiben vom März heißt es unter anderem, auf zwei Ausbildungsplätze im Tief- und Straßenbau hätten sich sieben Interessenten beworben. In dem Bewerbungsverfahren seien besser geeignete Bewerber berücksichtigt worden. Die Mitarbeit eines praktizierenden Muslims sei zudem unerwünscht. Der Islam sei nicht mit der Verfassung der Bundesrepublik in Einklang zu bringen.

"Der Inhalt des Absageschreibens ist ein deutliches Indiz für eine Diskriminierung aufgrund der Religionszugehörigkeit und damit für einen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz", sagte der kommissarische Leiter der Antidiskriminierungsstelle, Bernhard Franke, dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Mittwoch in Berlin.

Das Gesetz schütze auch bei der Bewerbung auf Ausbildungsplätze, sagte Franke: "Nach unserer Einschätzung hätte der betroffene Bewerber gute Chancen, vor Gericht einen Anspruch auf Entschädigung durchzusetzen."

Betriebsgeschäftsführer Frank Pilzecker sagte dem epd am Mittwoch, der tschetschenische Azubi-Bewerber habe seinerzeit gesagt, er sei praktizierender Muslim und halte auch die Fastenvorschriften des Ramadan ein. Dies sei jedoch mit schwerer körperlicher Arbeit im Straßenbau nicht vereinbar, vor allem, wenn die Gläubigen dann auch nicht trinken, sagte Pilzecker: "Das geht nicht." Muslimische Beschäftigte, die sich an diese Regeln halten, seien dann ab mittags nicht mehr einsatzfähig.

Er stehe weiter zu den Aussagen im Ablehnungsschreiben, sagte Pilzecker: "Das ist meine Meinung." Er müsse in dem Unternehmen mit 40 Beschäftigten auch darauf achten, dass das Betriebsklima stimmt. So sei es nicht möglich, mehrere Frühstücksräume einzurichten, wenn Muslime wegen anderer Essensvorschriften nicht im gleichen Raum mit anderen Mitarbeitern essen wollten.

Er stehe zur Religionsfreiheit und zur Trennung von Staat und Religion, sagte Pilzecker. Es stelle sich jedoch die Frage, wie Religion ausgeübt werde. Zuwanderer müssten dabei die Regeln der Aufnahmegesellschaft beachten und sich daran halten. Warum das mehrere Monate alte Ablehnungsschreiben jetzt öffentlich gemacht wurde, wisse er nicht, sagte Pilzecker: "Einer Klage sehe ich freudig entgegen." Er bekomme in dem Fall auch viele positive Rückmeldungen.

Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD), die Integrationsbeauftragte des Bundeslandes, Doris Lemmermeier, und die Handwerkskammer Cottbus hatten sich am Dienstag kritisch zu dem Fall geäußert. "Wenn die Vorwürfe zutreffen, bin ich von der Haltung des Unternehmens schockiert", sagte Steinbach dem epd: "Ein solches Vorgehen widerspricht unseren Prinzipien eines weltoffenen Brandenburg. Die Freiheit der Religionsausübung ist in Deutschland ein Grundrecht."