Rettungsschiff "Sea-Watch 4" im Hafen von Palermo

Rettungsschiff "Sea-Watch 4" im Hafen von Palermo
Festsetzung durch italienische Behörden befürchtet
Ankunft mit gemischten Gefühlen: Das kirchliche Rettungsschiff ist nach seinem ersten wochenlangen Einsatz im Mittelmeer wieder in einem Hafen angelangt. Doch die Crew befürchtet, dass die Behörden das Schiff in Palermo festsetzen wollen.

Frankfurt a.M., Palermo (epd). Das deutsche Rettungsschiff "Sea-Watch 4" ist am Freitag auf Anordnung der italienischen Behörden in den sizilianischen Hafen Palermo eingelaufen. Vor der Küste hatte die Crew an Bord mehr als 14 Tage Quarantäne einhalten müssen. Die Betreiber befürchten eine Festsetzung des durch kirchliche Spenden mitfinanzierten Schiffs. "Obwohl die #SeaWatch4 bekräftigt, ihre Fahrt fortsetzen zu wollen, wird sie in den Hafen von Palermo gezwungen", erklärte die Organisation Sea-Watch auf Twitter. "Das ist kein Standard-Prozedere der @guardiacostiera, sondern ein Akt der systematischen Blockade ziviler Rettungsschiffe!"

Mit der Ankunft in Palermo beendete die "Sea-Watch 4" ihren ersten Rettungseinsatz im Mittelmeer, zu dem sie Mitte August von Spanien aus aufgebrochen war. An Bord befanden sich bei Hafeneinfahrt 27 Crewmitglieder und zwei Journalisten. Anfang September hatten bereits die 353 geretteten Flüchtlinge und Migranten das Schiff verlassen können. Die italienischen Behörden haben nun eine Hafenstaatkontrolle angeordnet, wie Sea-Watch-Sprecher Ruben Neugebauer dem Evangelischen Pressedienst (epd) erläuterte. Das Schiff sei vom Flaggenstaat Deutschland für sicher und funktionsfähig befunden worden. Aber in der Vergangenheit hätten die italienischen Behörden angebliche technische Mängel vorgeschoben, um Rettungsschiffe stillzulegen.

Auch die an "Sea-Watch 4" beteiligte Organisation "Ärzte ohne Grenzen" kritisierte, dass ein Wechsel der Crew vor Anker abgelehnt worden sei. Die "Sea-Watch 4" wäre das fünfte Rettungsschiff von nichtstaatlichen Organisationen, das in fünf Monaten wegen winziger Details daran gehindert würde, Leben auf See zu retten, erklärte die Organisation. Im Hafen wurde die "Sea-Watch 4" zunächst desinfiziert.

Unterdessen sind am Freitag erneut Dutzende Flüchtlinge von Bord des spanischen Rettungsschiffes "Open Arms" ins Meer gesprungen. Weitere 48 Menschen hätten sich verzweifelt ins Meer gestürzt, erklärte der Gründer der gleichnamigen Hilfsorganisation, Oscar Camps. Italien lasse die Menschen in angespannter Situation anderthalb Kilometer vor Palermo ausharren.

Die Besatzung hatte vor mehr als einer Woche rund 280 Menschen aus Seenot gerettet und wartet seitdem auf die Erlaubnis einen Hafen anzusteuern. Bereits am Donnerstag waren 76 Menschen von Bord gesprungen, von den Helfern und der italienischen Küstenwache aus dem Wasser gezogen und an Land gebracht worden.

Das ehemalige Forschungsschiff "Sea-Watch 4" wurde vom Bündnis "United4Rescue" finanziert, das maßgeblich von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) initiiert wurde. Auch der Bürgermeister von Palermo, Leoluca Orlando, unterstützt das Bündnis. Die Idee eines kirchlichen Seenotrettungsschiffs im Mittelmeer geht auf den evangelischen Kirchentag in Dortmund 2019 zurück.

epd et/nam fu