Koalitionsbeschluss: Kurzarbeitergeld fließt ein Jahr länger

Koalitionsbeschluss: Kurzarbeitergeld fließt ein Jahr länger
Die große Koalition hat sich auf eine Verlängerung des Kurzarbeitergeldes verständigt. Bundesfinanzminister Scholz rechnet mit zusätzlichen Kosten von zehn Milliarden Euro.

Berlin (epd). Die Spitzen von Union und SPD haben sich angesichts der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise auf eine Verlängerung des Kurzarbeitergeldes verständigt. Es soll statt einem Jahr bis zu zwei Jahre gezahlt werden können, wie die Parteivorsitzenden von CDU, SPD und CSU am späten Dienstagabend nach einer Sitzung des Koalitionsausschusses in Berlin mitteilten. Die Koalitionspartner einigten sich auch darauf, die Aufstockung des Kurzarbeitergeldes und den erleichterten Zugang zur Kurzarbeit bis Ende kommenden Jahres zu verlängern. Die Arbeitgeber bekommen bis Juni 2021 die Sozialbeiträge auf das Kurzarbeitergeld weiterhin vollständig und von Juli bis Ende 2021 zur Hälfte erstattet.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) unterstrich die Notwendigkeit der Maßnahmen: "Kurzarbeit ist im Moment die stabilste Brücke über ein tiefes wirtschaftliches Tal", sagte er am Mittwoch im Deutschlandfunk. Diese Brücke sei nötig, um Arbeitsplätze zu sichern. Im Verlauf des kommenden Jahres sei mit einer stückweisen Erholung der deutschen Wirtschaft zu rechnen, "und dann kann man irgendwann auch Kurzarbeit zurückfahren", sagte Heil.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sagte im ZDF-"Morgenmagazin", die Verlängerung des Kurzarbeitergeldes könne "im nächsten Jahr nochmal zusätzlich zehn Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt kosten". Bundeswirtschaftminister Peter Altmaier (CDU) erklärte, mit der Verlängerung des Kurzarbeitergelds und der Verlängerung der Überbrückungshilfen werde den Arbeitnehmern und dem Mittelstand geholfen, die "ernste Krise zu überstehen und Arbeitsplätze zu erhalten".

CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer, die SPD-Vorsitzenden Norbert-Walter Borjans und Saskia Esken sowie CSU-Chef Markus Söder betonten nach der Einigung im Koalitionsausschuss, die Corona-Krise sei nicht vorbei. Unternehmen und Arbeitnehmer müssten weiterhin unterstützt werden. Dafür sei die Kurzarbeit eines der wirksamsten Instrumente, erklärten Borjans und Söder.

Ebenfalls bis zum Jahresende und damit um weitere drei Monate soll der erleichterte Zugang zur Grundsicherung verlängert werden. Kramp-Karrenbauer sagte, die besondere Lage von Künstlern, Solo-Selbstständigen und Kleinstunternehmen solle stärker berücksichtigt werden. Auch die Überbrückungshilfen für kleine und mittlere Betriebe laufen nun erst im Dezember aus.

Die Union setzte durch, dass das Kurzarbeitgeld Ende 2021 ausläuft und nicht erst im Frühjahr 2022, wie es die SPD vorgeschlagen hatte. Die SPD konnte erreichen, dass die Aufstockung des Kurzarbeitergeldes von 60 Prozent des ausfallenden Nettolohns auf bis zu 87 Prozent ab dem siebten Bezugs-Monat verlängert wird, was in der Union wegen der zusätzlichen Ausgaben auf Skepsis gestoßen war.

Neben der Verlängerung der Wirtschaftshilfen beschlossen die Koalitionspartner eine stärkere Unterstützung der Schulen bei der Digitalisierung. 500 Millionen Euro sollen für die Beschaffung von Laptops für Lehrer zur Verfügung gestellt werden. Berufstätige Eltern erhalten mit Blick auf die bevorstehende Erkältungssaison und Corona in diesem Jahr fünf bezahlte Tage mehr, an denen sie zu Hause bei erkrankten Kindern bleiben können. Auch die Verdopplung bezahlter Pflegetage für Angehörige gilt bis Ende des Jahres.

Der Ökonom Bernd Raffelhüschen von der Universität Freiburg warnte im Zusammenhang mit den Koalitionsbeschlüssen eindringlich vor einem Anstieg der Sozialabgaben. Beteuerungen der großen Koalition, wonach die Sozialabgaben unter der Marke von 40 Prozent gehalten werden können, zog er in Zweifel. Der Bundeshaushalt sei "schon jetzt tief im Minus", sagte Raffelhüschen der "Bild"-Zeitung (Mittwoch).

epd bm/tz mih