Klöckner will mehr kleinere Schlachtbetriebe

Klöckner will mehr kleinere Schlachtbetriebe
Aktivisten fordern dauerhafte Schließung der Tönnies-Fabrik
Die Achtung von Tier- und Menschenrechten in der Fleischindustrie erfordert eine Änderung des Systems, sagt die Bundeslandwirtschaftsministerin. Kleinere Schlachtbetriebe könnten helfen. Aktivisten fordern die Schließung des Tönnies-Betriebs.

Berlin, Rheda-Wiedenbrück (epd). Kleinere Schlachtbetriebe können nach Ansicht von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) zur Achtung des Tierwohls in der Fleischindustrie beitragen. Angesichts der Corona-Infektionen in der Tönnies-Fleischfabrik stelle sich die "Systemfrage", sagte Klöckner der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Die Lebensmittelstandards in den meisten Betrieben seien sehr hoch, zugleich arbeiteten dort aber Menschen unter Bedingungen, bei denen jeder Cent zähle.

Das sei der Nährboden für das System der vielen Subunternehmer im Rahmen der Werkverträge. "Verantwortung wird delegiert. Das geht zu Lasten der Menschen, das System ist massiv krisenanfällig", sagte Klöckner. Eine Antwort könnten wieder mehr kleinere Schlachthöfe in der Fläche sein. Das setze aber Akzeptanz vor Ort voraus und die Möglichkeit, die hohen Standards einzuhalten.

Auch der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck sprach sich für ein Ende der Fleischfabriken und für mehr regionale Schlachtereien aus. Die Transportzeit der Tiere zum Schlachthof dürfe nicht mehr als vier Stunden betragen, sagte er der "Bild am Sonntag". Zugleich forderte er angesichts des Corona-Ausbruchs bei Tönnies von der Bundesregierung strengere Sicherheitsregeln für die Mitarbeiter wie einen verpflichtenden Mindestabstand von 1,5 Metern. Habeck hält auch eine Reduzierung des Arbeitstempos in den großen Schlachtbetrieben für sinnvoll.

Am Tönnies-Schlachthof in Rheda-Wiedenbrück demonstrierten am Samstag rund 100 Menschen für die dauerhafte Schließung der Fleischfabrik. Schon in den frühen Morgenstunden waren Aktivisten vom Bündnis "Gemeinsam gegen die Tierindustrie" auf das Dach des Betriebs geklettert und hatten dort Spruchbanner gehisst. Weitere Aktivisten hatten sich auf der Zufahrtsstraße aneinandergekettet, wie eine Sprecherin des überregionalen Bündnisses dem Evangelischen Pressedienst (epd) sagte. Die meisten von ihnen schlossen sich nach Angaben der Polizei Bielefeld am Samstagmittag einer angemeldeten Demonstration an. Alles sei friedlich geblieben, sagte eine Polizeisprecherin dem epd.

Bündnis-Mitglied Isa Suhr erklärte, Corona sei nicht das einzige Problem. "Die Tierindustrie bedeutet enormes Leid für Millionen fühlender Lebewesen." Der Futtermittelanbau und die Tierhaltung heizten zudem massiv die Klimakrise an. Schon vor der Corona-Pandemie sei die Situation der Arbeiter in der deutschen Fleischindustrie unerträglich gewesen.

Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner unterstützt den Vorstoß von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD), der Werkverträge in der Fleischindustrie verbieten möchte. Sie setzt sich außerdem für eine Tierwohlabgabe ein und will Werbung mit Lockangeboten an der Fleischtheke verbieten. "Billigstfleisch wird gekauft, gleichzeitig werden höchste Tierschutzstandards erwartet. Mehr Tierwohl kostet natürlich Geld", sagte die Ministerin. Es gebe kein "Recht auf täglich Billigfleisch".