"Ärzte ohne Grenzen" schließt Entbindungsstation in Afghanistan

"Ärzte ohne Grenzen" schließt Entbindungsstation in Afghanistan

Berlin (epd). Nach einem tödlichen Anschlag schließt die Organisation "Ärzte ohne Grenzen" eine Entbindungsstation in der afghanischen Hauptstadt Kabul. Da es noch immer keine Information über die Täterschaft gebe und weitere Angriffe nicht auszuschließen seien, stelle man das Projekt ein, erklärte die medizinische Hilfsorganisation am Montag in Berlin. Am 12. Mai waren in der Station im Dasht-e-Barchi-Krankenhaus 25 Menschen getötet worden, darunter zwei kleine Kinder, eine Hebamme von "Ärzte ohne Grenzen" und 16 Mütter.

"Uns war bewusst, dass unsere Präsenz in Dasht-e-Barchi Risiken birgt", erklärte der Geschäftsführer von "Ärzte ohne Grenzen" in Frankreich, Thierry Allafort-Duverger. "Aber wir konnten uns nicht vorstellen, dass jemand die absolute Ungeschütztheit von Frauen, die kurz vor der Niederkunft stehen, ausnutzen würde, um sie und ihre Babys zu vernichten." Dies sei jedoch geschehen. "Und wir müssen die Realität akzeptieren: Höhere Mauern und dickere Sicherheitstüren werden nicht verhindern, dass sich solche schrecklichen Übergriffe wiederholen", sagte er. Zu bleiben bedeute, den Verlust von Menschenleben einzukalkulieren: "Und das ist für uns unvorstellbar."

Bisher hat sich niemand zu dem Anschlag bekannt. Die afghanische Regierung macht die Taliban für den gezielten Angriff auf die Entbindungsstation verantwortlich, die jedoch weisen das zurück. "Ärzte ohne Grenzen" will nach eigenen Angaben dem Personal weiter Unterstützung anbieten und prüft Hilfen für die Familien der Opfer.

In der Entbindungsstation wurden nach Angaben der Organisation 2019 fast 16.000 Kinder geboren. Die Schließung habe Auswirkungen auf mehr als eine Million Menschen in der Region. In den vergangenen 16 Jahren seien mehr als 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Patientinnen und Patienten der Organisation in Afghanistan getötet worden.