Bundesbeauftragter: Auch sexueller Missbrauch hat pandemische Ausmaße

Bundesbeauftragter: Auch sexueller Missbrauch hat pandemische Ausmaße

Osnabrück (epd). Der Bundesbeauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Johannes-Wilhelm Rörig, dringt nach der Aufdeckung schwerer Missbrauchsfälle in Münster auf mehr Wachsamkeit der Bürger, bessere Vorbeugung und eine bessere Ausstattung der Polizei. "Die betroffenen Kinder haben ein soziales Umfeld. Sie haben Nachbarn, gehen in Kitas, Schulen oder Sportvereine. Es kann nicht sein, dass nie jemand etwas bemerkt haben will", sagte Rörig der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Montag). Die Gesellschaft müsse besser aufgeklärt und sensibilisiert werden.

Der Kampf gegen sexuelle Gewalt müsse als nationale Aufgabe verstanden werden. "Ich erwarte, dass das Thema bei allen Entscheidungsträgern in der Politik endlich ankommt und dort als Querschnittsthema überall mitgedacht wird." Trotz der Corona-Pandemie müsse der Kampf mit maximalem Einsatz weitergeführt werden, sagte der Bundesbeauftragte: "Auch sexueller Missbrauch hat pandemische Ausmaße. Es trifft jährlich Zehntausende von Kindern und erschüttert damit die Grundfesten unserer Gesellschaft."

Mit Blick auf die Verbreitung von Fotos und Filmen im Internet erklärte Rörig, Missbrauchstäter seien oft gut vernetzt, gut organisiert und den Ermittlungsbehörden technisch sehr oft voraus. "Wir brauchen deshalb bundesweit eine personell gut ausgestattete Polizei, die ihrerseits mit modernster Ermittlungstechnik ausgestattet ist." Der Bundesbeauftragte drängte zudem auf "eine Schärfung der Ermittlungsinstrumente wie die EU-rechtskonforme Vorratsdatenspeicherung der IP-Adressen". Außerdem sprach er sich für den verstärkten Einsatz künstlicher Intelligenz gegen Missbrauchsabbildungen im Netz aus.

Mit Festnahmen und Durchsuchungen in mehreren Bundesländern war die Polizei zuvor gegen ein Netzwerk vorgegangen, das für schweren sexuellen Missbrauch und Kinderpornografie verantwortlich sein soll. Festgenommen wurden elf Beschuldigte aus Nordrhein-Westfalen, Hessen, Niedersachsen und Brandenburg, wie Polizei und Staatsanwaltschaft in Münster mitteilten. Die mutmaßlichen Täter sollen über Jahre hinweg Kinder missbraucht und die Taten gefilmt haben. Hauptbeschuldigter ist ein bereits mehrfach vorbestrafter 27-jähriger IT-Spezialist aus Münster. Festgenommen wurden auch zwei Männer aus Hannover im Alter von 35 und 29 Jahren.