Kritik an Grundschulöffnung in NRW

Kritik an Grundschulöffnung in NRW
Lauterbach warnt vor hohem Infektionsrisiko
Die Grundschulen in NRW öffnen ab dem 15. Juni wieder im Regelbetrieb. Als riskant bezeichnet das der SPD-Gesundheitsexperte Lauterbach, von einer guten Nachricht spricht die SPD-Fraktion im Landtag. Gewerkschafter fordern regelmäßige Corona-Tests.

Düsseldorf (epd). Die Ankündigung, die Grundschulen in Nordrhein-Westfalen ab 15. Juni wieder im Regelbetrieb zu öffnen, hat gemischte Reaktionen ausgelöst. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach warnte vor einem hohem Risiko. Die bildungspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Landtag, Sigrid Beer, bezeichnete den Präsenzunterricht als unverantwortlich. Für Kinder und Eltern sei die Rückkehr zum Regelbetrieb eine gute Nachricht, lobte hingegen die SPD-Fraktion. Gewerkschafter warnten, die Gesundheit der Kinder und Lehrkräfte werde mit den Plänen gefährdet.

Bis zum Beginn der Sommerferien am 29. Juni können nach den Worten von Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) alle Grundschulkinder in NRW an allen Schultagen den Unterricht besuchen. Bei Einhaltung der Sicherheits- und Hygieneregeln gebe es keine Corona-Gefahren für die Schülerinnen und Schüler, sagte die Ministerin am Freitag in Düsseldorf. Gleichzeitig entfällt zum 15. Juni das Angebot der schulischen Notbetreuung. Die individuelle Abstandswahrung von 1,50 Metern wird für die Schulen der Primarstufe durch ein Konzept ersetzt, nach dem konstante Lern-Gruppen gebildet werden. Da diese strikt getrennt würden, werde eine Durchmischung vermieden.

Die Ministerin betonte, die corona-bedingten Schulschließungen hätten Folgen gerade für die Jüngsten in unserer Gesellschaft. "Wenn wir Kinder nicht in die Schule lassen, zum Lernen und Spielen mit ihren Freunden, ist das ein schwerer Eingriff", unterstrich Gebauer. Damit entlaste und unterstützte man zudem die Eltern, die in den letzten Wochen enorme Herausforderungen zu meistern hatten, sagte die Schulministerin. Auch andere Bundesländer wollten noch vor den Ferien zum Regelbetrieb in der Primarstufe zurück.

Der Bundestagsabgeordnete Lauterbach warnte vor einer zweiten Infektionswelle. "Auch Grundschüler können ansteckend sein", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Samstag). "Wenn wir auf diese Art und Weise öffnen, gehen wir ein hohes Risiko ein und gefährden damit Lehrer, Eltern und Kinder." Lauterbach forderte, es dürfe "nur in ausgedünnten Klassen" unterrichtet werden. Zudem müsse weiterhin Abstand gehalten und viel gelüftet werden.

Der Normalbetrieb könne nicht eins zu eins wieder aufgenommen werden, erklärte die Grünen-Bildungsexpertin Beer. Die Schulen würden alleingelassen und müssten sich um Personal, Räume und Fragen, wie etwa beim Schulessen der Infektionsschutz angewandt werden könne, selbst kümmern.

Lob kam hingegen von der nordrhein-westfälischen SPD: Für Schüler und Eltern gebe es nun wieder ein Stück Normalität, erklärten die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Eva-Maria Voigt-Küppers und der schulpolitische Sprecher Jochen Ott.

Fehlende Planungssicherheit bemängelte der Verband Bildung und Erziehung (VBE) NRW. Die Lehrkräfte hätten mit hohem Zeitaufwand in den letzten Tagen Pläne für Präsenzunterricht und zum Lernen auf Distanz entwickelt, die nun erneut umgeschmissen würden.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) kritisierte Gebauers Konzept als "reine Symbolpolitik". "Die Vorgaben für die Grundschulen gaukeln vor, sicheren Schulbetrieb zu ermöglichen", erklärte die Landesvorsitzende Maike Finnern in Essen. Sie forderte außerdem regelmäßige Corona-Tests auf freiwilliger Basis.