Konjunkturpaket ist Umweltschutzverbänden nicht grün genug

Konjunkturpaket ist Umweltschutzverbänden nicht grün genug
Das Milliarden-Konjunkturpaket soll Deutschland nach Worten von Vizekanzler Olaf Scholz "mit Wumms" aus der Corona-Krise bringen. Doch Umweltschützern geht es nicht weit genug. Sie hoffen auf Änderungen im Bundestag.

Berlin (epd). Das Konjunkturpaket von Union und SPD gegen die Folgen der Corona-Pandemie geht beim Klimaschutz nach Ansicht von Umweltexperten nicht weit genug. Greenpeace-Geschäftsführer Martin Kaiser hält es für "bestenfalls blassgrün". Es gebe zwar viele Elemente, die Weichen für eine ökologische Neuorientierung der Wirtschaft stellen könnten, sagte er am Donnerstag in Berlin. Ein Zukunftspaket "mit Wumms" müsse aber noch mehr Investitionen in Schienen- und öffentlichen Nahverkehr, in die energetische Gebäudesanierung sowie in den Austausch von Ölheizungen beinhalten. Kaiser appellierte an den Bundestag, diese Bereiche bei der Beratung des Pakets auszubauen.

Das 130-Milliarden-Euro-Paket sieht eine Reihe von Maßnahmen zum Klimaschutz vor, unter anderem Beihilfen für die Bahn und den öffentlichen Nahverkehr, mehr Geld für die energetische Sanierung von Gebäuden, eine weitere Förderung der Elektromobilität, eine höhere Kfz-Steuer für klimaschädliche Fahrzeuge und mehr Prämien für die Anschaffung eines Elektro-Autos. Die umstrittene Autokaufprämie auch für Verbrennungsmotoren kommt nicht. Kaiser begrüßte das. "Das ist ein großer Erfolg der Klimabewegung", sagte er und fügte hinzu: "Ab heute ist der Verbrennungsmotor die Vergangenheit."

Die Grünen-Fraktionsvorsitzenden Katrin Göring-Eckardt und Anton Hofreiter würdigten das Paket als "besser als erwartet". Ein echter Aufbruch für konsequenten Klimaschutz brauche aber mehr, erklärten sie. Sie vermissen etwa "konkrete Maßnahmen für eine Ausbauoffensive bei den Erneuerbaren Energien". Mit Blick auf die geplante Senkung der Mehrwertsteuer von Juli bis Dezember fügten sie hinzu, eines dürfe nicht vergessen werden: "Eine Mehrwertsteuersenkung macht natürlich auch teure Benziner günstiger."

Vorgestellt wurde am Donnerstag auch eine von Greenpeace in Auftrag gegebene Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), des Beratungsunternehmens DIW Econ und des Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS). Die beinhaltet einen Neun-Punkte-Plan mit Vorschlägen für staatliche Maßnahmenpakete in Höhe von rund 50 Milliarden Euro für die Bereiche Energie, Gebäude, Verkehr, Industrie und Naturschutz. Die Studie analysiert dabei Job-Effekte eines klimaorientierten Konjunkturprogramms und kommt zum Ergebnis, dass dadurch innerhalb der kommenden fünf Jahre rund 365.000 neue Arbeitsplätze geschaffen und gleichzeitig bis zu 56 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr eingespart werden könnten.

Studienautorin und DIW-Klimaexpertin Claudia Kemfert warnte, dass Deutschland ohne ein grünes Konjunkturpaket das Klimaziel für 2030 nicht erreichen werde. Bis 2030 müssen die CO2-Emissionen um 55 Prozent gegenüber 1990 sinken.

Laut Neun-Punkte-Plan müssten dafür bis 2024 unter anderem 21 Milliarden Euro in Bahn und öffentlichen Nahverkehr, 11,9 Milliarden Euro in den energetischen Umbau von Gebäuden und 4,9 Milliarden Euro in die CO2-bindenden Wälder und Moore investiert werden. Im Papier des Koalitionsausschusses sind "weitere 700 Millionen Euro für den Erhalt und die nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder" für 2020 veranschlagt, was die Digitalisierung der Branche mit einbezieht. Der Naturschutzbund Nabu übte daran Kritik: Beim Wald werde lediglich die Holznutzung gefördert, während Schutzmaßnahmen nicht erwähnt seien. Maßnahmen gegen das Artensterben blieben im Paket weitestgehend aus.

Die Deutsche Umwelthilfe begrüßte indes die Ankündigung, dass die Regierung die "Nationale Wasserstoffstrategie" kurzfristig vorlegen will. Deutschland will beim Wasserstoff laut Koalitionspapier internationaler Vorreiter und "Ausrüster der Welt" werden. Allerdings vermisst die Umwelthilfe eine deutliche Aufstockung der Gebäudesanierung. Die im Papier vorgesehenen rund zwei Milliarden Euro seien nicht mehr als "ein Tropfen auf den heißen Stein".