Wie evangelische Religionslehrer in der Coronakrise von zu Hause aus unterrichten

Religionslehrer im Homeoffice
© Privat
Auch der Religionslehrer Tobias Christmann aus Friedelsheim im Landkreis Bad Dürkheim arbeitet derzeit wegen der Corona-Pandemie von zu Hause aus. Gemeinsam mit seiner Tochter Johanna (10) und seinem Sohn Jakob (12) sitzt er am heimischen Esszimmertisch und versucht so gut es geht, seine Schüler vom Laptop aus zu unterrichten.
Wie evangelische Religionslehrer in der Coronakrise von zu Hause aus unterrichten
Auch Religionslehrer arbeiten derzeit im Homeoffice. Die räumliche Distanz zu den Schülern erschwert den Religionsunterricht, der besonders vom persönlichen Kontakt lebt. Die Pädagogen stellen sich auf mehr Seelsorgegespräche über Tod und Trauer ein.
14.04.2020
epd
Alexander Lang

Religionslehrer Tobias Christmann erlebt zurzeit selbst, wie anstrengend es für eine junge Familie unter einem Dach in Corona-Zeiten sein kann. Der Pädagoge aus Friedelsheim im Landkreis Bad Dürkheim versucht mit dem Laptop am heimischen Esszimmertisch so gut es geht, seine Schüler aus räumlicher Distanz zu unterrichten. Neben ihm brüten seine zehnjährige Tochter Johanna und der zwei Jahre ältere Sohn Jakob über Arbeitsmaterialien, die sie von ihren Lehrern erhalten haben.

"Das ist kein normaler Unterricht", klagt Christmann. Wie alle Religionslehrer ist auch der Vorsitzende der Konferenz evangelischer Religionslehrer an Gymnasien, Realschulen plus und Gesamtschulen in der Pfalz derzeit im Homeoffice: Mindestens bis zum Ende der Osterferien arbeitet er von zu Hause aus. Doch gerade der Religionsunterricht funktioniert nur schlecht ohne unmittelbaren persönlichen Kontakt zu den Schülern, sagt er.

"Der Unterricht lebt vom Gespräch, nicht nur vom Fachwissen." Wissensstoff, sagt Christmann, der am Albert-Einstein-Gymnasium in Frankenthal unterrichtet, lasse sich per E-Mail an die Klassen verschicken oder auf Lernplattformen ins Internet stellen.

Wichtiger sei aber derzeit der seelsorgerliche Aspekt - den jungen Menschen bei ihren Ängsten, Nöten und auch bei ihrer Frage nach Gott in dieser schwierigen Zeit beizustehen. Angesichts der wachsenden Zahl von Corona-Todesfällen stellten sich die Religionslehrer als "Stabilitätsanker" auf mehr Seelsorgegespräche mit Schülern und deren Familien ein, sagt Christmann.

Arbeit mit Grundschulkindern schwierig

"Die sozial Schwachen leiden jetzt am meisten", ergänzt Thomas Niederberger, der Leiter des Amts für Religionsunterricht in Speyer. 580 Schulen gibt es in der pfälzischen Landeskirche, davon haben aber nur 70 Schulen eine eigene Seelsorgekraft. Mit dem neuen Angebot einer Telefonsschulseelsorge wollen die evangelischen Religionslehrer nun Ansprechpartner sein.

In der Coronakrise müssten auch diese viel improvisieren, erzählt Niederberger. Erschwert werde der Unterricht dadurch, dass die Schulen mit digitaler Technik unterschiedlich ausgestattet seien. Ein besonderes Problem sei die Arbeit mit Grundschulkindern, die noch nicht selbstständig lernen können.

Stellenwert der Schulseelsorge steigt

Berufsschüler im dualen System seien durch den Kontakt zu ihren Ausbildungsunternehmen derzeit gut versorgt, meldet Hans Hutzel. Der Pfarrer aus Ludwigshafen ist religionspädagogischer Berater für den Religionsunterricht an Berufsschulen. Schüler aus Vollzeitklassen erhielten Arbeitsmaterial und würden intensiv betreut. Der Stellenwert einer organisierten Schulseelsorge werde durch die Corona-Pandemie steigen, ist Hutzel überzeugt, der sich seit langen Jahren dafür auch als Landessynodaler einsetzt.

Alles andere als leicht sei es derzeit, den Kontakt zu benachteiligten Schülern zu halten, berichtet die Förderschullehrerin Brigitte Beil aus Kusel. Für Kinder und Jugendliche mit Lernbeeinträchtigungen sei die individuelle Ansprache im Schulunterricht unabdingbar. Manche Kinder könnten nicht lesen oder schreiben oder lebten in schwierigen Familienverhältnissen, sagt Beil, die das Religionspädagogische Zentrum Kusel leitet und kirchliche Fachberaterin für Förderschulen ist. Lehrer brächten ihnen Arbeitsmaterialien nach Hause. "Auch regen wir sie an, in einem Tagebuch ihre Emotionen und Gedanken festzuhalten", sagt sie.