Aachen (epd). Das katholische Hilfswerk Misereor appelliert an die Bundesregierung, in der Corona-Krise auch Entwicklungsprojekte zu berücksichtigen. "Wir brauchen auch für Entwicklungsprojekte einen Schutzschirm und kreative Lösungen mit Blick auf Haushaltsordnung und Förderrichtlinien, sonst brechen uns vor Ort in vielen Ländern gerade diejenigen Partnerstrukturen weg, die für die Ärmsten von besonderer Bedeutung sind", erklärte Geschäftsführer Martin Bröckelmann-Simon am Mittwoch in Aachen.
Die Corona-Krise habe Auswirkungen bis weit in das kommende Jahr hinein. Die Schnelligkeit und Flexibilität, die derzeit innenpolitisch zur Abfederung der Corona-Folgen an den Tag gelegt wird, müsse auch für die entwicklungspolitischen Förderungen gelten.
Aufgrund der "höheren Gewalt" müsse in einigen Fällen von Förderrichtlinien abgewichen werden, erklärte Bröckelmann-Simon. Reiseeinschränkungen, Kontaktsperren und Ausgehverbote behinderten Misereor-Partner massiv bei vorgesehenen Aktivitäten. Fachkräfte könnten auf unbestimmte Zeit ihren Dienst nicht antreten oder müssten ihre Einsätze abbrechen.
"In Indien mussten Partner ihre Berufsschulen auf Fernunterricht umstellen, Mitarbeiter von ländlichen Beratungsdiensten in Sri Lanka nähen nun Mundschutze, statt aufs Land hinauszufahren, städtische Beratungsorganisationen in den Slums von São Paulo werden durch die staatlichen Notverordnungen ausgesperrt, Straßenkinder-Projekte in Kenia konzentrieren sich jetzt auf Desinfektionsmaßnahmen und Corona-Prävention", berichtete Bröckelmann-Simon. Zudem sei das Ausmaß möglicher Notlagen durch die Corona-Pandemie in vielen Weltregionen noch gar nicht absehbar. Die Entwicklungszusammenarbeit der kommenden Monate sei nur schwer planbar.
Misereor werde auch bei den mit öffentlichen Mitteln finanzierten Projekten in begründeten Fällen vorerst mit Ausnahmeregelungen arbeiten müssen, hieß es. Aktuell sei es vielfach nicht mehr möglich, alle vereinbarten Projektziele ohne Verzögerung und in gewohntem Umfang einzuhalten. Auch die nötigen Planungen für Folgeprojekte des kommenden Jahres würden darunter leiden. In laufenden Projekten werde man verfügbare Finanzmittel sehr kurzfristig umwidmen müssen.