US-Luftwaffe attackiert Taliban nach historischem Friedensschluss

US-Luftwaffe attackiert Taliban nach historischem Friedensschluss
Trotz Friedensschluss zwischen USA und Taliban dauert der Krieg in Afghanistan an. Derweil diskutiert der Bundestag über die Verlängerung des Bundeswehrmandats - Oppositionspolitiker fordern angesichts neuer Bedingungen mehr Klarheit.

Berlin, Kabul (epd). Wenige Tage nach dem historischen Friedensschluss zwischen den USA und den Taliban hat die US-Luftwaffe in Afghanistan Stellungen der radikalen Islamisten bombardiert. Der Angriff am Mittwoch in Nahr-i-Saradsch in der Provinz Helmand habe sich gegen Aufständische gerichtet, die einen Checkpoint der afghanischen Armee attackiert hätten, teilte Armeesprecher Sonny Leggett per Twitter mit. "Das war ein defensiver Schlag, um den Angriff zu vereiteln", betonte er. Es sei der erste Luftangriff in elf Tagen gewesen.

Am Samstag hatten die USA und die Taliban ein Friedensabkommen unterzeichnet. Zuvor war bereits am 22. Februar eine Phase der Gewaltreduzierung vereinbart worden. In dem Abkommen sind unter anderem der Abzug von US-Truppen und Friedensgespräche mit der afghanischen Regierung vorgesehen. Die Taliban verpflichten sich, keinen ausländischen Terrorgruppen wie Al-Kaida Schutz zu bieten.

Am Montag hatten die Taliban jedoch angekündigt, die Kämpfe wieder aufzunehmen, und zahlreiche Angriffe gestartet. Der afghanische Sender Tolo News berichtete unter Berufung auf die Armee, am Mittwoch hätten die Islamisten 16 Soldaten in der Provinz Kundus getötet. Die Taliban verlangen als Vorbedingung für Gespräche mit der Regierung die Freilassung von 5.000 inhaftierten Taliban, was Präsident Aschraf Ghani aber ablehnt. Die Regierung war nicht an den Gesprächen zwischen den USA und den Taliban beteiligt.

Oppositionsparteien im Bundestag fordern wegen der neuen Entwicklung ein überarbeitetes Afghanistan-Mandat. Das Abkommen sei der erste Schritt auf einem langen, ungewissen Weg, sagte die FDP-Abgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann bei der ersten Lesung zur Mandatsverlängerung. Deshalb bedauere sie, dass Deutschland keine "Exit-Strategie" habe. Sie forderte die Bundesregierung auf, deutlich zu erklären, wie es mit dem Bundeswehreinsatz in Afghanistan weitergehen soll.

Die Grünen-Parlamentarierin Agnieszka Brugger forderte ebenfalls eine Antwort auf das Abzugsszenario der USA und kritisierte, dass die Regierung trotz neuer Lage ein "völlig unverändertes Mandat" vorlege. Die Linksfraktion fordert indes den sofortigen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan ebenso wie die AfD.

Der Einsatz der Bundeswehr am Hindukusch soll um ein weiteres Jahr bis zum 31. März 2021 verlängert werden. Deutschland unterstützt im Rahmen der Mission "Resolute Support" die afghanischen Sicherheitskräfte mit maximal 1.300 Soldaten. Der Einsatz begann vor fast 20 Jahren als Reaktion auf die Anschläge vom 11. September 2001 in den USA.

Trotz andauernder internationaler Hilfe und Investitionen haben die Afghanen laut "Ärzte ohne Grenzen" keine ausreichende medizinische Versorgung. Hauptgründe seien die Unsicherheit im Land, große Entfernungen zu funktionierenden Krankenhäusern und hohe Behandlungskosten sowie das Fehlen von Personal und Ausrüstung, heißt es in einem Bericht der Nothilfeorganisation.

"Unsere Patienten berichten von langen, gefährlichen Wegen, um mangelernährte Babys, Schwangere oder verletzte Angehörige ins Krankenhaus zu bringen", sagte Julien Raickman, der Afghanistan-Koordinator von "Ärzte ohne Grenzen". Viele Patienten müssten vor der Fahrt abwägen, ob die Straßen vermint sind, ob es unterwegs Checkpoints gibt und ob es sicher ist, in der Dunkelheit oder bei anhaltenden Kämpfen zu reisen.

epd et/mey mih