Seyran Ates für bundeseinheitliche Kopftuch-Regelung

Die Menschenrechtsaktivistin und Gruenderin der liberalen Berliner Ibn-Rushd-Goethe Moschee, Seyran Ates,
© epd-bild/Rolf Zoellner
Die Rechtsanwältin Seyran Ates spricht sich für eine bundeseinheitliche Regelung für religiöse Symbole im öffentlichen Dienst aus, denn dies wird in den Bundesländern unterschiedlich geregelt.
Seyran Ates für bundeseinheitliche Kopftuch-Regelung
Bundesarbeitsgericht verhandelt im April über Berliner Gesetz
Politisches Symbol oder nur ein Stück Stoff? Das islamische Kopftuch sorgt weiter für Diskussionen. Bald verhandelt das Bundesarbeitsgericht über das Berliner Neutralitätsgesetz, das den Umgang mit religiösen Symbolen im öffentlichen Dienst regelt.

Berlin (epd). Die Berliner Rechtsanwältin Seyran Ates hat sich für eine bundeseinheitliche Regelung für religiöse Symbole im öffentlichen Dienst ausgesprochen. "Aktuell ist die Rechtslage unerträglich, egal ob ich für oder gegen ein Kopftuchverbot bin", sagte Ates dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Berlin. Hintergrund sind unterschiedliche Regelungen zu religiösen Symbolen in den einzelnen Bundesländern, etwa bei Lehrerinnen. "Diese Rechtslage ist für einen demokratischen Rechtsstaat ungesund", betonte Ates, die auch Mitgründerin einer liberalen Berliner Moscheegemeinde ist.

Die Rechtsanwältin hat in der Vergangenheit bereits in mehreren Fällen die Berliner Senatsbildungsverwaltung vor Gericht vertreten. Dabei ging es jeweils um Klagen von kopftuchtragenden muslimischen Lehramtsanwärterinnen gegen das Berliner Neutralitätsgesetz. Dieses sieht vor, dass religiöse Symbole in öffentlichen Schulen - mit Ausnahme von beruflichen Schulen - von Lehrkräften nicht sichtbar getragen werden dürfen.

Am 23. April verhandelt das Bundesarbeitsgericht in Erfurt erstmals eine Klage zum Berliner Neutralitätsgesetz (Az.: 8 AZR 62/19). Dabei handele es sich um eine Revisionsverhandlung gegen ein Urteil des Landesarbeitsgerichtes Berlin-Brandenburg, teilte ein Sprecher des obersten Arbeitsgerichts auf Anfrage mit. Das Landesarbeitsgericht hatte in zweiter Instanz im November 2018 das Land Berlin zur Zahlung einer Entschädigung an eine kopftuchtragende Lehramtsbewerberin verurteilt. Dagegen hatte der Berliner Senat Revision eingelegt.

In erster Instanz hatte das Arbeitsgericht im Mai 2018 die Klage der Frau unter Hinweis auf das Berliner Neutralitätsgesetz abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht entschied dann in zweiter Instanz, dass sich das Land im konkreten Fall nicht auf das Neutralitätsgesetz berufen könne (Az.: 7 Sa 963/18). Dafür hätte eine konkrete Gefahr für den Schulfrieden oder die staatliche Neutralität vorliegen müssen, dies sei hier nicht der Fall gewesen. Das Gericht sprach der Frau rund 6.000 Euro Entschädigung wegen Diskriminierung zu.

Ates nannte in dem Zusammenhang die jüngste Kopftuch-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 27. Januar 2015 "realitätsfern". Danach ist ein Kopftuchverbot erst rechtens, wenn eine konkrete Störung des Schulfriedens festgestellt wurde. "Eine verfassungskonforme Auslegung des Berliner Neutralitätsgesetzes ist auf dieser Grundlage nicht möglich", kritisierte Ates: "Karlsruhe muss eine klare und nicht in unterschiedliche Richtungen interpretierbare Entscheidung fällen."

"Wir brauchen für das gesamte Bundesgebiet eine einheitliche Lösung, egal in welche Richtung", sagte Ates dem epd: "Es wäre für das ganze Land hilfreich, wenn die Kopftuchfrage vom höchsten Gericht entschieden wird."

Die Juristin und Frauenrechtlerin steht seit längerem unter Polizeischutz, weil sie nach der Moscheegründung Morddrohungen erhielt. In den 80er Jahren wurde sie in Berlin-Kreuzberg bei einem Attentat auf eine Beratungsstelle gegen häusliche Gewalt lebensgefährlich verletzt. Zuletzt stand sie wegen eines Privatkredits eines Bordellbetreibers in der Kritik. Ates hatte dort für ein Buch über Prostitution recherchiert und später erklärt, der Kredit sei "falsch und unpassend" gewesen.