Minister Müller will Aufbau- und Flüchtlingshilfe im Irak fortsetzen

Minister Müller will Aufbau- und Flüchtlingshilfe im Irak fortsetzen
Erstarken radikaler Kräfte soll verhindert werden
Trotz der Angriffe auf US-Einrichtungen im Irak soll die deutsche Hilfe in dem arabischen Land weitergehen. Die Helfer treffen Sicherheitsvorkehrungen, entwerfen Evakuierungspläne. Für einen Abzug sieht Minister Müller im Moment aber keinen Grund.

Frankfurt a.M. (epd). Trotz wachsender Spannungen in der Golfregion will Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) die deutsche Wiederaufbauhilfe und die Versorgung syrischer Flüchtlinge im Irak fortsetzen. "Die Stabilität des Irak ist von großem Interesse für uns", erklärte Müller am Mittwoch. Derzeit spreche die Bundesregierung mit dem Irak über die weitere Zusammenarbeit. Radikale Kräfte dürften dort nicht erstarken.

Momentan sind laut Müller 60 deutsche Experten der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) im Irak tätig. Hinzu kämen weitere Mitarbeiter nichtstaatlicher Hilfswerke. Sie hätten mehr als sechs Millionen Menschen mit Trinkwasser versorgt und 3,5 Millionen medizinisch behandelt.

Die deutschen Helfer arbeiten den Angaben zufolge ausschließlich im Norden des Irak und unter strengen Sicherheitsvorkehrungen. Dies schließe Evakuierungspläne ein. "Aktuell gibt es aber keine Grundlage, das Personal abzuziehen", sagte der Minister. Die Nato und die Bundeswehr hatten zuvor einen Teil ihrer Soldaten aus dem Irak abgezogen.

Die Worte Müllers seien eine Bestätigung für ihre Arbeit und der Wichtigkeit, jetzt am Engagement festzuhalten, erklärte die deutsche Hilfsorganisation "Rebuild and Relief International" (RRI), die unter anderem für die UN und die Bundesregierung beim Wiederaufbau hilft. "Wir ziehen nicht ab", sagte Geschäftsführer Arndt Fritsche dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Sollte die Lage eskalieren, gebe es Evakuierungspläne. "Aber wir sehen uns nicht als Ziel." Zwar seien RRI-Mitarbeiter auch ganz in der Nähe des US-Stützpunktes in der Provinz Al-Anbar im Einsatz, die in der Nacht zum Mittwoch Ziel eines iranischen Angriffs wurde. Doch weil Deutschland sich nicht an der US-geführten Militäroperation im Irak beteiligt habe, genössen die deutschen Helfer "eine Art Schweizer Status" und würden als weitgehend neutral angesehen.

Auch die Hilfsprojekte von "Ärzte ohne Grenzen" im Irak laufen unverändert weiter. Ungeachtet des explosiven Umfelds werde die Hilfe in Krankenhäusern und Gesundheitsstationen weiter zur Verfügung gestellt, betonte Landeskoordinatorin Gwenola François. Die Sicherheit der Mitarbeiter habe aber oberste Priorität, die Lage bleibe unter Beobachtung.

Abwartend zeigten sich unter anderem Welthungerhilfe, Technisches Hilfswerk (THW) und Arbeiter-Samariter-Bund (ASB), die neben anderem von der Bundesregierung finanzierte Projekte im Irak umsetzen. "Die Projektaktivitäten sind seit heute Morgen 'on hold'", sagte Welthungerhilfesprecherin Simone Pott. Das bedeute, dass Mitarbeiter von zu Hause aus arbeiteten, außer Land befindliche Kollegen derzeit nicht in den Irak reisten oder beispielsweise Termine wie Workshops erst einmal aufgeschoben würden. In den kommenden Tagen werde dann über das weitere Vorgehen entschieden.

Pläne, die zehn Mitarbeiter des ASB im Irak abzuziehen, gebe es derzeit nicht, erklärte der Arbeiter-Samariter-Bund. "Allerdings müssen natürlich die weiteren Entwicklungen abgewartet werden." Das THW, das derzeit keine internationalen Kräfte vor Ort hat, wies seine Mitarbeiter an, sich möglichst nicht in der Liegenschaft des Hilfswerks in Erbil aufzuhalten.

Das UN-Büro zur Koordinierung humanitärer Hilfe (Ocha) beklagte derweil vermehrte Behinderungen im Irak. Straßensperren, Checkpoints und andere Barrieren auf dem Weg zu Bedürftigen nähmen zu, sagte Ocha-Sprecher Jens Laerke in Genf. Das UN-Büro rufe alle Parteien auf, die Arbeit der Helfer nicht zu beeinträchtigen. Im Irak sind laut UN mehr als vier Millionen Kinder, Frauen und Männer auf Lebensmittel, Trinkwasser, Medikamente und andere humanitäre Hilfe angewiesen.

epd svo/her/et rks