"Lifeline"-Kapitän Reisch in Malta freigesprochen

"Lifeline"-Kapitän Reisch in Malta freigesprochen
Verein erwartet Schiffsfreigabe - Kapitän beendet Zusammenarbeit
Er sollte 10.000 Euro Strafe zahlen - nun ist "Lifeline"-Kapitän Claus-Peter Reisch in Malta freigesprochen worden. Im Sommer 2018 hatte er mit seiner Crew mehr als 200 Flüchtlinge gerettet. Derzeit plant er keinen Einsatz im Mittelmeer.

Valletta/Dresden (epd). Der frühere Kapitän des zivilen Seenotrettungsschiffs "Lifeline", Claus-Peter Reisch, hat seinen Berufungsprozess in Malta gewonnen. Das Verfahren gegen ihn sei mit einem Freispruch zu Ende gegangen, sagte er dem Evangelischen Pressdienst (epd) am Dienstag. Reisch war eine falsche Registrierung der "Lifeline" vorgeworfen worden. In erster Instanz war er deswegen im Mai 2019 zu einer Geldstrafe von 10.000 Euro verurteilt worden, dagegen ging er in Berufung.

Der Kapitän zeigte sich vom Prozessausgang nun überrascht. "Es war mehr ein politischer Prozess und keiner, der sich auf Recht und Ordnung beruft", sagte er. Tatsächlich habe er nicht mehr mit einem Freispruch gerechnet. Umso mehr sei er jetzt froh und erleichtert darüber, dass der Prozess zu Ende ist.

Gegen den "Lifeline"-Kapitän war nach einer Rettungsaktion 2018 in Malta Anklage erhoben worden. Zuvor hatte er mit seiner Crew 234 Flüchtlinge aus dem Mittelmeer gerettet. Danach war Reisch kurzzeitig festgenommen worden. Die maltesischen Behörden beschlagnahmten die "Lifeline".

Auch bei der Hilfsorganisation "Mission Lifeline" mit Sitz in Dresden löste das Urteil Freude aus. "Wir sind erleichtert, die lange Zeit des Wartens ist vorbei", sagte der Sprecher der Organisation, Axel Steier. Für die Seenotrettung sei der Freispruch "ein wichtiges Signal". "Wir hoffen, dass der Weg weitergehen wird und die Kriminalisierung aufhört."

Der Freispruch für Reisch sei "ein Sieg der Menschenrechte", erklärte die Bundestagsfraktion der Linken. "Das Retten von Menschen vor dem Ertrinken ist kein Verbrechen", betonte Michel Brandt, Obmann im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe. Seine Fraktion forderte "unverzüglich die Einsetzung einer staatlichen Seenotrettungsmission".

Insgesamt zwölf Mal hat Reisch nach eigenen Angaben in Malta vor Gericht gestanden. Dafür habe er mehr als 40.000 Kilometer fliegen müssen. Das sei weder ökonomisch noch ökologisch. Der aus Bayern stammende Kapitän bestätigte dem epd, dass er seine Zusammenarbeit mit der Dresdner Hilfsorganisation "Mission Lifeline" beendet habe.

Zwischen ihm und dem Verein habe es "erhebliche Differenzen" gegeben. Es sei ihm "zu viel Politik" gewesen. "Ich bin Seenotretter und habe mit politischer Agitation nichts am Hut", sagte Reisch. Derzeit engagiere er sich für ein Entwicklungsprojekt in Ghana und ein Integrationsprojekt in München. Allerdings schlage sein Herz weiter für die Seenotrettung.

Sprecher Steier hatte dem epd gesagt, dass Reisch künftig nicht mehr für den Verein im Einsatz sein werde. Nach dem Urteil in Malta rechnen die Dresdner Seenotretter mit einer Freigabe der "Lifeline". Laut Steier will der Verein das Schiff verkaufen oder aber verschrotten. Im Fall einer Verschrottung rechnen die Seenotretter mit Kosten von etwa 40.000 Euro. Vor kurzem hatte die Hilfsorganisation ein weiteres Schiff erworben. Die "Rise Above" wird derzeit umgebaut und soll Steier zufolge im Frühjahr auf ihre erste Mission gehen.

Das zweite Schiff "Eleonore" liegt seit Sommer in Italien fest. Zuvor hatte die "Lifeline"-Crew - wieder unter Kapitän Reisch - rund 100 Menschen aus dem Meer gerettet und nach einem Unwetter und tagelangem Tauziehen ohne Erlaubnis im Hafen von Pozzallo in Sizilien angelegt.