Gericht soll Schuld von Unternehmen im Jemen-Krieg prüfen

Gericht soll Schuld von Unternehmen im Jemen-Krieg prüfen
Menschenrechtler stellen Strafanzeige gegen Rüstungsfirmen
Welche Verantwortung haben Rüstungsfirmen wie Airbus und Rheinmetall, wenn mit ihren Waffen Kriegsverbrechen begangen werden? Mit dieser Frage soll sich der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag befassen.

Berlin, Den Haag (epd). Menschenrechtsorganisationen haben den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag aufgefordert, die Verantwortlichkeit europäischer Rüstungsfirmen für Kriegsverbrechen im Jemen zu prüfen. Im Jemen-Konflikt würden etwa Eurofighter, Tornados und MK80-Bomben eingesetzt, erklärten das Europäische Zentrum für Verfassungs- und Menschenrechte (ECCHR), Amnesty International und vier weitere Organisationen am Donnerstag in Den Haag. Dafür gebe es zahlreiche Belege. Bei der Anklagebehörde des Gerichts sei deshalb am Mittwoch eine Strafanzeige, eine sogenannte Communication, eingereicht worden. Sie richte sich unter anderem gegen Airbus und Rheinmetall wegen Exporten nach Saudi-Arabien.

Die Juristin Linde Bryk vom ECCHR in Berlin verurteilte den Luftkrieg der von Saudi-Arabien geführten Militärkoalition, die im Jemen die Regierung im Konflikt gegen die Huthi-Rebellen unterstützt. Die 350-seitige Strafanzeige beziehe sich auf 26 Luftangriffe auf Märkte, Schulen, Krankenhäuser und weitere zivile Ziele. Ohne die Lieferung von Rüstungsgütern und Ersatzteilen sowie Trainings und technischer Hilfe sei die Militärkoalition nicht in der Lage, diesen Luftkrieg weiterzuführen, sagte Byrk.

In einem Fall sei eine Klinik von "Ärzte ohne Grenzen" bombardiert worden, obwohl die Militärs vorher zugesagt hätten, die Klinik sei sicher. Byrk appellierte an die Manager: Selbst wenn Firmen die Erlaubnis hätten, Waffen nach Saudi-Arabien zu exportieren, seien sie dadurch nicht jeglicher Verantwortung enthoben. Und sie könnten trotz Erlaubnis auf Exporte verzichten.

Laut ECCHR soll die Anklagebehörde des Strafgerichtshofs eingehend untersuchen, ob Manager von Rüstungsunternehmen und Beamte von Exportbehörden in Europa potenziell Beihilfe zu mutmaßlichen Kriegsverbrechen leisten, die die Militärkoalition im Jemen begehe. "Das Ziel sind Ermittlungen gegen Manager und Regierungsvertreter, also gegen jene Akteure, die sich allzu oft der internationalen Strafjustiz entziehen", sagte Bryk.

Die Anzeige konzentriert sich auf Firmen und politische Akteure in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien. Als Unternehmen genannt werden die deutschen Firmen Airbus Defence and Space GmbH sowie die Rheinmetall AG über die Tochterfirma RMW Italia (Italien). Unter anderem geht es auch um BAE Systems Plc. (Großbritannien), Dassault Aviation S.A. (Frankreich) und Leonardo S.p.A. (Italien).

Ein Airbus-Sprecher in München sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd): "Die letztendliche Entscheidung über den Export von Rüstungsgütern findet ausschließlich auf Basis einer Freigabe durch die Bundesregierung statt." Deutschland habe eines der strengsten Rüstungsexportgesetze weltweit. "Airbus agiert ausschließlich im Rahmen der relevanten nationalen und internationalen Regelwerke", betonte er. Von Rheinmetall gab es zunächst keine Stellungnahme.

Laut dem Gründungsstatut des Strafgerichtshofs kann jede Person und jede Gruppe mutmaßliche Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Völkermord bei der Anklagebehörde anzeigen. Danach prüft das Gericht, ob es sich mit dem Fall befasst.

Im Jemen kämpft die Regierung seit 2015 mit Hilfe der von Saudi-Arabien geführten Militärkoalition gegen die Huthi-Rebellen, die Unterstützung aus dem Iran erhalten. UN-Ermittler werfen allen Konfliktparteien vor, Kriegsverbrechen zu verüben. Der Angriff auf zivile Ziele ist laut Völkerrecht verboten.