Ruhrbischof: Missbrauch von Kirche lange "bagatellisiert" worden

Ruhrbischof: Missbrauch von Kirche lange "bagatellisiert" worden

Essen (epd). Nach dem jüngsten Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche will Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck alle Priester im Bistum noch einmal überprüfen lassen. Dass ein Priester trotz zweimaliger Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs in einer Gemeinde in Wattenscheid seelsorgerlich tätig war, beweise den "unverantwortlichen Umgang mit Missbrauchstätern in den eigenen Reihen", sagte Overbeck der in Essen erscheinenden "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" (Samstag). Ein wissenschaftliches Institut in München sei nun beauftragt worden, sämtliche Personalakten des Bistums erneut zu durchleuchten.

In der Vergangenheit habe die katholische Kirche die Schwere des Verbrechens Kindesmissbrauch nicht genügend anerkannt, räumte Overbeck ein. "Ja, es ist bagatellisiert worden", sagte er. "Die Opfer standen wenig bis gar nicht im Zentrum." Heute würde ein Priester, der wegen sexuellen Missbrauchs auffällig geworden ist, überhaupt nicht mehr eingesetzt, erklärte der Bischof. "Ich bin aber sicher, dass dies nicht der letzte Fall war", sagte er. "Denn manche Opfer offenbaren sich erst nach Jahrzehnten."

Ein Priester des Erzbistums Köln war trotz zweimaliger Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs 13 Jahre lang bis 2015 weiter seelsorgerisch tätig gewesen, darunter auch im Ruhrbistum. Das Erzbistum und das Bistum Münster hatten den Fall Mitte November öffentlich gemacht.

Demnach wurde der heute 85-jährige Priester wegen "fortgesetzter Unzucht mit Kindern und Abhängigen" zu einer Haftstrafe und 1988 wegen sexueller Handlungen an Minderjährigen zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Nach der Bewährungsstrafe arbeitete der Mann von 1989 bis 2002 als Altenheimseelsorger in Köln und in seinem Ruhestand bis 2015 als Ruhestandsgeistlicher unter anderem in Wattenscheid.