Entscheidung über Organspende-Reform im kommenden Jahr

Entscheidung über Organspende-Reform im kommenden Jahr
Zahl der Organspenden ist 2019 leicht zurückgegangen
Die Bundestagsabgeordneten wollen nicht mehr in diesem Jahr über ein neues Gesetz zur Organspende entscheiden. Es gebe noch Abstimmungsbedarf. Unterdessen ist die Zahl der Organspenden leicht gesunken.

Berlin, Frankfurt a.M. (epd). Die Entscheidung über eine Widerspruchsregelung für die Organspende in Deutschland soll nicht mehr in diesem Jahr fallen. Darauf haben sich die beiden damit befassten Abgeordnetengruppen verständigt. Ein entsprechender "Tagesspiegel"-Bericht (Freitag) wurde dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Donnerstag in Berlin bestätigt. Unterdessen teilte die Deutsche Stiftung Organtransplantation mit, dass die Zahl der Organspenden in den ersten zehn Monaten dieses Jahres leicht gesunken ist.

Die Gruppe um Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und den SPD-Experten Karl Lauterbach (SPD), die eine Widerspruchslösung fordert, hat dem Bericht zufolge wegen Änderungsanträgen kurzfristig um eine Terminverschiebung gebeten. Dem habe die andere Gruppe um Grünen-Chefin Annalena Baerbock und Linken-Vorsitzende Katja Kipping zugestimmt. Die Bundestagsbüros von Lauterbach und Baerbock bestätigten dem epd, beide Seiten hätten sich darauf verständigt, die Organspende-Entscheidung für die erste Sitzungswoche im kommenden Jahr, voraussichtlich die dritte Januarwoche, anzusetzen.

Die Politik will die Zahl der Organspenden erhöhen. Dazu konkurrieren im Wesentlichen zwei Gesetzentwürfe: Die Abgeordnetengruppe um Spahn und Lauterbach will die sogenannte Widerspruchsregelung einführen. Danach wären alle Bürger Organspender, die dem nicht widersprechen oder deren Angehörige das nach deren Tod nicht tun, wenn sie über den Willen des Verstorbenen informiert sind.

Die Gruppe um Baerbock und Kipping will dagegen an der jetzigen Regelung festhalten, wonach nur die Zustimmung Voraussetzung für eine Organspende ist - die sogenannte Entscheidungslösung. Der Willen soll aber regelmäßig bei Behörden oder beim Arzt aktiv erfragt werden.

Beide Vorschläge werden von Abgeordneten aus unterschiedlichen Fraktionen unterstützt. Die Abstimmung der ethisch umstrittenen Frage soll ohne Fraktionszwang erfolgen. Der Bundestag hatte mit der Beratung der Gesetzentwürfe im Juni dieses Jahres begonnen.

Wie die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) am Donnerstag in Frankfurt am Main mitteilte, sank die Zahl der Organspender und -spenden in den ersten zehn Monaten dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum leicht. Nach dem deutlichen Anstieg im vergangenen Jahr sei 2019 die Zahl der Organspender um 1,5 Prozent auf 775 zurückgegangen, sagte der Medizinische Vorstand der DSO, Axel Rahmel. Bei den gespendeten Organen sei die Zahl um 2,3 Prozent auf 2.507 gesunken.

Demgegenüber hätten im vergangenen Jahr 15.524 Patienten auf ein Spenderorgan gewartet, sagte Rahmel. Die Wartezeit auf eine Niere betrage in Deutschland fast zehn Jahre. Dialysepatienten im jungen und mittleren Alter lebten 30 bis 40 Jahre kürzer als Patienten mit einer transplantierten Niere. Bei der Spenderrate liege Deutschland hinter allen westeuropäischen Ländern.

Das am 1. April vom Bundestag verabschiedete Organspendegesetz habe sehr gute Rahmenbedingungen geschaffen, sagte der Kaufmännische Vorstand der DSO, Thomas Biet. Die Entnahmekrankenhäuser bekämen jetzt eine bessere und differenziertere Aufwandserstattung. Bis vergangenen März habe die Pauschale für eine Organentnahme 5.300 Euro betragen, seit April bekämen die Krankenhäuser 19.700 Euro. Auch die Bedingungen für die Transplantationsbeauftragten seien durch das Gesetz verbessert worden, sagte Biet.

Mit Blick auf die kontroverse Debatte über eine Neuregelung der Organspende warben DSO-Vorstände für eine Widerspruchsregelung. Bei einer Umfrage unter Intensivmedizinern hätten sich 63,5 Prozent für die Widerspruchslösung und 33,4 Prozent für die Entscheidungslösung ausgesprochen, sagte Rahmel.

epd bm/lmw jup