Stichwahl entscheidet vermutlich über neuen Präsidenten in Bolivien

Stichwahl entscheidet vermutlich über neuen Präsidenten in Bolivien

Berlin, La Paz (epd). In Bolivien muss sich Staatschef Evo Morales höchstwahrscheinlich einer Stichwahl um das Präsidentenamt stellen. Nach der ersten Runde der Präsidentenwahl am Sonntag liegt der Sozialist zwar nach Auszählung von rund 83 Prozent der Stimmen vorn, hat aber den notwendigen Vorsprung vor seinem Herausforderer Carlos Mesa verfehlt. Morales führt mit 45,3 Prozent, Mesa vom oppositionellen Bündnis "Comunidad Ciudadana" (Bürgerliche Gemeinschaft) kommt auf 38,2 Prozent der Stimmen, wie die Wahlkommission am Sonntagabend (Ortszeit) mitteilte. Die Anhänger der Opposition lehnen eine mögliche vierte Amtszeit von Morales als verfassungswidrig ab.

Für einen Sieg in der ersten Wahlrunde müsste Morales entweder eine absolute Mehrheit der Stimmen oder mindestens 40 Prozent der Stimmen mit zehn Prozentpunkten Vorsprung auf den Zweitplatzierten erreichen. Auch 130 Abgeordnete und 36 Senatoren wurden am Sonntag neu gewählt.

Morales erklärte sich in der Wahlnacht unter dem Jubel seiner Anhänger zum Wahlsieger. Er rechne mit einem Wahlsieg, wenn auch die Stimmen in den ländlichen Gebieten ausgezählt worden seien, sagte er laut der Tageszeitung "La Razón". Der ehemalige Koka-Bauer hat in der ärmeren Bevölkerung und auf dem Land seine größte Anhängerschaft.

Herausforderer Mesa, der bereits von 2003 bis 2005 Präsident war, wertete sein Ergebnis als "unbestreitbaren Triumph". Er rief die Opposition zur Einigkeit auf, denn es werde "mit Sicherheit eine zweite Wahlrunde geben". Bei einer Stichwahl könnte sich die zersplitterte Opposition zusammenschließen und Umfragen zufolge gewinnen.

Morales regiert mit seiner "Bewegung für Sozialismus" (MAS) das Andenland seit 13 Jahren. In einem Referendum hatte sich 2016 eine knappe Mehrheit der Bevölkerung gegen eine vierte Amtszeit von Morales ausgesprochen. Das Urteil des Referendums erkannte der Sozialist nicht an. Das Verfassungsgericht, besetzt mit regierungstreuen Richtern, urteilte 2017, es sei sein "Menschenrecht", erneut kandidieren zu können.

Morales hat in Bolivien zahlreiche Sozialreformen durchgesetzt, die vor allem der armen und indigenen Bevölkerung zugutekamen. Die Armutsquote hat sich während seiner Präsidentschaft um die Hälfte verringert, der öffentliche Gesundheitssektor und das Bildungswesen wurden gestärkt. Dank seiner Bodenschätze wie das seltene Lithium steht Bolivien auch wirtschaftlich gut da.

Die Opposition wirf Morales zunehmenden Autoritarismus und einen Personenkult vor. Mesa verfolgt einen wirtschaftsfreundlichen Kurs und will mehr Investoren ins Land holen. Nach eigenen Aussagen will er die Korruption und Vetternwirtschaft, die unter der Morales-Regierung grassiert, bekämpfen.