Opfer-Enkel: SS-Wachmann Bruno D. muss Verantwortung übernehmen

Opfer-Enkel: SS-Wachmann Bruno D. muss Verantwortung übernehmen

Hamburg (epd). Unmittelbar vor Beginn des Prozesses gegen den ehemaligen SS-Wachmann Bruno D. in Hamburg hat sich der Enkel der Nebenklägerin Judy Meisel zum Verfahren geäußert. Er halte es für gerechtfertigt, dass der 93-Jährige trotz seines hohen Alters vor Gericht kommt, sagte der New Yorker Filmemacher Ben Cohen der "Welt" (Donnerstag): "Er hat bei einem der schrecklichsten Menschheitsverbrechen mitgewirkt, das es jemals gegeben hat, und dafür muss er Verantwortung übernehmen."

Der Prozess gegen Bruno D. soll am Donnerstagvormittag beginnen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Beihilfe zum Mord in mehr als 5.230 Fällen vor. Der Beschuldigte soll zwischen August 1944 und April 1945 im Konzentrationslager Stutthof bei Danzig die Tötung jüdischer Häftlinge unterstützt haben. Da D. zur Zeit der Taten 17 und 18 Jahre alt war, findet das Verfahren nicht-öffentlich vor einer Jugendstrafkammer des Landgerichts statt. Der Beschuldigte hat laut Staatsanwaltschaft zugegeben, als SS-Wachmann tätig gewesen zu sein. Eine Schuld sieht er bei sich nicht. Bis Weihnachten wurden elf Verhandlungstermine angesetzt.

Cohen sagte der "Welt", dass er stellvertretend für seine Großmutter nach Hamburg gefahren sei, um sie bei Gericht zu vertreten. Die 91-jährige Überlebende des Ghettos Kovno und der Konzentrationslager Auschwitz und Stutthof sei zu schwach, um nach Hamburg zu kommen.

In seiner Familie sei die Geschichte seiner Großmutter und ihrer Familie im Holocaust immer präsent gewesen, sagte Cohen. Er habe eine Webseite programmiert, auf der die Geschichte seiner Großmutter nacherzählt wird.

Allzu große Erwartungen an den Prozess habe er nicht: "Unser Anwalt Cornelius Nestler hat uns gewarnt, dass das Verfahren gar nicht beginnen oder wegen Verhandlungsunfähigkeit des Angeklagten unvermittelt abgebrochen werden könnte. Ich möchte wenigstens wissen, was er getan und gedacht hat." Um eine Gefängnisstrafe gehe es ihm nicht.

epd kfr