TV-Tipp: "Curling für Eisenstadt" (ARD)

Alter Fernseher vor einer Wand
Foto: Getty Images/iStockphoto/vicnt
TV-Tipp: "Curling für Eisenstadt" (ARD)
16.10., ARD, 20.15 Uhr
Wenn sich MDR und ORF für den "Filmmittwoch im Ersten" zusammentun, sind die Ergebnisse in der Regel sehenswert; zu den Koproduktionen zählen Dramen wie "Die Freischwimmerin", Thriller wie "Die Mutprobe" und Liebesgeschichten wie "Eine Handvoll Briefe". Gemeinsam in Auftrag gegebene Komödien wie die Patchwork-Reihe "… mit Hindernissen" erfüllen zwar alle Bedingungen für einen Freitagsfilm, sind aber ebenfalls nie Zeitverschwendung.

Auf den Freitagstermin gehört eigentlich auch "Curling für Eisenstadt", was keineswegs abschätzig gemeint ist, denn der Stoff ist ebenso originell wie amüsant: PR-Frau Vicky (Katharina Strasser) soll sich für ihren Heimatort im österreichischen Burgenland eine Werbekampagne ausdenken, die den Wintertourismus ankurbelt. Mit ihrem Entwurf liegt sie jedoch derart daneben, dass ihr Chef sie umgehend vor die Tür setzt; also macht sie sich kurzerhand selbstständig. Als sie erfährt, dass Österreich zum ersten Mal die Curling-WM der Damen veranstalten wird, hat sie die Lösung: Eisenstadt soll sich als Austragungsort bewerben! Dummerweise befindet sich die einzige Curlinghalle des Landes in Kitzbühel. Der Präsident des Curlingverbands lässt sich trotzdem auf einen Deal ein: Wenn es dem Curlingteam von Eisenstadt gelingen sollte, die Frauen aus Kitzbühel zu schlagen, bekommt Eisenstadt den Zuschlag. Allerdings hat Vicky neben der fehlenden Halle ein zweites Problem: Es gibt gar kein Curlingteam in Eisenstadt. 

Die Handlung erinnert an "Cool Runnings" (1993). Der Hollywoodfilm erzählt die Geschichte des jamaikanischen Bobteams, das sich 1988 gegen jede Wahrscheinlichkeit für die Olympischen Winterspiele qualifizierte. Ganz so krass sind die Gegensätze in "Curling für Eisenstadt" zwar nicht, aber die Chancen stehen ähnlich schlecht. Vicky muss auf die Schnelle eine Mannschaft auf die Beine stellen und fragt als erstes ihre beste Freundin (Marlene Morreis). Eine Mitarbeiterin ihres Vaters möchte ebenfalls mitmachen. Emma (Veronika Polly) wirkt zwar nicht gerade sportlich, war aber immerhin mal Eiskunstläuferin. Vierte im Bunde neben Vicky selbst wird eine tiefenentspannte Surflehrerin Gerri (Maddalena Hirschal). Von Curling haben sie allesamt keine Ahnung, aber auch da ergibt sich eine unverhoffte Rettung: Petra Glewitz (Maria Simon-Lade), einst das größte Curlingtalent der DDR, ist nach der Wiedervereinigung Opfer einer Intrige ihrer westdeutschen Konkurrentin Silke von Starenberg (Esther Schweins) geworden; und die trainiert das Team aus Kitzbühel.

Natürlich ist das sportliche Ziel der Motor der Handlung. Trotzdem ist "Curling für Eisenstadt" kein typischer Sportfilm, denn im Mittelpunkt stehen die Figuren, zumal das von Regisseur Andreas Schmied bearbeitete Drehbuch (Marc Schlegel, Peter Hengl) für eine Vielzahl zwischenmenschlicher Konflikte sorgt. Anfangs sind die fünf Frauen nur eine Zweckgemeinschaft, in der jede ihre eigenen Ziele verfolgt, allen voran die durchaus egozentrische Vicky und die trinkfreudige Sächsin Glewitz. Erfolg hat das Quintett erst, als die Damen erkennen, dass es nicht genügt, sich als Team ein gemeinsames Ziel zu setzen; um es zu erreichen, müssen sie Freundinnen werden.

Das klingt zwar nach Kitsch, aber Schmied, der nach diversen Kurzfilmen zuletzt für den ORF "Harri Pinter, Drecksau" und fürs Kino "Love Machine" gedreht hat, bewahrt den Film davor, ins oftmals unvermeidliche Pathos solcher Geschichten abzugleiten; dafür sorgen schon allein die munteren Dialoge. Mit viel Geschick hat er zudem einige Elemente auf die Spitze getrieben, ohne sie klamottig wirken zu lassen. Maria Simon-Lade zum Beispiel verkörpert den Coach wie das Klischee einer ostdeutschen Eiskunstlauftrainerin und versieht die verbitterte Frau zudem mit passendem Dialekt (Simon-Lade ist gebürtige Leipzigerin). Davon abgesehen wirkt Glewitz, die stets einen Flachmann zur Hand hat, auch optisch derart verhärmt, dass die Schauspielerin kaum wiederzuerkennen ist. Außerdem sorgt das Drehbuch mit Hilfe dieser Figur für eine echte Überraschung; zu einem Freitagsfilm gehört schließlich auch eine Romanze. Die Liebe trifft den Eisenstädter Hendl-Kaiser (Christoph Krutzler), einen Unternehmer von eindrucksvoller Korpulenz, der dem Curlingteam eine Kühlhalle zur Verfügung stellt und die Frauen mit passender Kleidung ausstattet. Im Gegenzug müssen sie für ihn Reklame machen, weshalb Vicky während eines Interviews mit Todesverachtung den peinlichen Werbespruch des Unternehmens aufsagt. Dieser Kaiser hat ausgerechnet die unterkühlte Glewitz zu seiner Königin erkoren. Am Ende steht trotzdem der sportliche Wettkampf im Mittelpunkt, zumal Vickys Exchef (Michael Rast) mit einem fiesen Sabotageakt dafür sorgt, dass das Team keine Chance mehr hat. Die Gegnerinnen beweisen zwar großen Sportsgeist, aber Silke von Starenberg ist immer noch so intrigant wie vor dreißig Jahren. 

Mitunter enthalten die federführend vom ORF betreuten Koproduktionen für den Geschmack der deutschen Partnerredaktionen zu viel Schmäh oder sind in ihrem Humor zu düster, aber davon kann bei "Curling für Eisenstadt" keine Rede sein. Der Film ist eine kurzweilige, einfallsreiche, flott montierte und vor allem dank der spielfreudigen Hauptdarstellerinnen sehr vergnügliche Komödie, wie sie schon allein wegen der ständigen Popsongs auch als Auftragsproduktion der für den Freitagstermin zuständigen ARD-Tochter Degeto entstanden sein könnte.