Gen-Test auf Trisomie soll Kassenleistung werden

Präna-Test
© Tobias Kleinschmidt/dpa
Der Gen-Test bei Schwangeren auf Trisomie des Ungeborenen soll von der Krankenkasse gezahlt werden.
Gen-Test auf Trisomie soll Kassenleistung werden
Der Gemeinsame Bundesausschuss hat entschieden, dass der Gen-Test bei Schwangeren auf Trisomie des Ungeborenen von der Kasse gezahlt werden soll. Das soll aber frühestens Ende 2020 umgesetzt werden. Der Gesetzgeber hat damit noch Handlungsspielraum.
19.09.2019
epd
Von Corinna Buschow (epd)

Krankenkassen sollen künftig Gen-Tests bei Schwangeren auf eine mögliche Trisomie des ungeborenen Kindes bezahlen - in begründeten Einzelfällen und nach ärztlicher Beratung. Das entschied der Gemeinsame Bundesausschuss im Gesundheitswesen am Donnerstag in Berlin. Er begründete den Beschluss mit der hohen Güte der Tests und den Risiken der Alternativen. Voraussetzung für die Aufnahme in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherungen soll eine Versicherteninformation sein, über die allerdings erst Ende 2020 entschieden werden soll. Bis dahin seien "keineswegs endgültige Fakten" geschaffen, erklärte der Vorsitzende des Bundesausschusses, Josef Hecken mit Blick auf die zum Teil erregte gesellschaftliche Debatte.

Der Verein Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie bedauerte die Entscheidung des Bundesausschusses. Er befürchtet nach eigenen Angaben, dass der Test in weit mehr als nur Einzelfällen angewendet wird. Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski sagte, der Beschluss berge "Sprengstoff". Er gab vor allem zu bedenken, dass in der verlangten Beratung auch sichergestellt werden müsse, dass der Lebenswert von behinderten Kindern sichtbar wird.

Drei Jahre Beratung

Der Test erkennt am Blut der Schwangeren mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit, ob das Kind eine bestimmte Form der Trisomie, etwa das Down-Syndrom hat. Bis zur Zulassung der Tests im Jahr 2012 war das nur über eine Fruchtwasser- oder Plazentauntersuchung möglich, die jeweils ein hohes Risiko für Fehlgeburten bergen. Diese sogenannten invasiven Untersuchungen werden von der Kasse bezahlt, der risikoarme, nicht-invasive Bluttest hingegen bislang nicht.

Drei Jahre beriet der Bundesausschuss, ob sich das ändern soll. Wegen der ethischen Dimension forderte er die Politik geradezu auf sich einzumischen. Zuletzt lief ein sechsmonatiges Stellungnahmeverfahren. Vor allem Behindertenverbände sind gegen den Test als Kassenleistung, weil sie die Gefahr sehen, dass er zur Regel wird und kaum noch Kinder mit Behinderungen zur Welt kommen.

Diskussion geht weiter

Der Bundesausschuss versucht es mit der Abwägung. Ziel sei es, die zur Klärung einer möglichen Trisomie erforderlichen invasiven Untersuchungen und das damit verbundene Risiko einer Fehlgeburt nach Möglichkeit zu vermeiden, teilte er nach dem Beschluss am Donnerstag mit. Der Test soll aber nur bei Risikoschwangerschaften von der Kasse bezahlt werden und müsse mit intensiver Beratung und Aufklärung verbunden sein, hieß es weiter. Dadurch sei geregelt, dass er nicht als ethisch unvertretbares "Screening" eingesetzt wird, betonte Hecken.

In einem Brief an Bundestagsabgeordnete, die gegen den Test als Kassenleistung sind und ein Moratorium für die Entscheidung forderten, weist Hecken explizit darauf hin, dass die erforderliche Versicherteninformation erst im vierten Quartal 2020 beschlossen werden soll. Der Beschluss des Bundesausschusses schaffe keine irreversiblen Fakten und halte dem Bundestag "alle Handlungsoptionen" offen, schreibt Hecken. Zudem könne der Gesetzgeber Richtlinienbeschlüsse seines Gremiums aufheben oder ändern.

Die Abgeordnete Corinna Rüffer (Grüne), die zu den Adressaten des Briefs gehört, kündigte an, die Diskussion im Bundestag weiterzuführen. "Auch mit Blick auf künftige Tests müssen wir dringend die Grenzen und Bedingungen molekulargenetischer Testverfahren in der Schwangerschaft festlegen", erklärte sie. Im April gab es im Bundestag eine Orientierungsdebatte zu dem Thema, die bislang aber ohne konkrete Beschlüsse geblieben ist.