Taliban greifen zwei Großstädte im Norden Afghanistans an

Taliban greifen zwei Großstädte im Norden Afghanistans an

Dubai, Kabul (epd). In Afghanistan haben die Taliban am Wochenende zwei Großstädte im Norden des Landes angegriffen, wie der TV-Sender "Tolo News" berichtete. Am Samstagmorgen starteten die Islamisten eine Offensive auf die Stadt Kundus. Am Sonntagmorgen erfolgte ein Angriff auf die Stadt Puli Khumri etwa 100 Kilometer südlich von Kundus. Die Taliban verhandeln derzeit mit den USA über ein Friedensabkommen.

In Kundus besetzten die Aufständischen unter anderem das Krankenhaus der Stadt und nahmen Patienten als Geiseln. Auch ein Lager der Bundeswehr kam unter Beschuss, in dem rund 80 deutsche Soldaten stationiert sind. Verletzt wurde dabei nach Angaben der Bundeswehr niemand. Ein Selbstmordattentäter, der sich auf einem Platz im Stadtzentrum von Kundus nahe einer Gruppe von Sicherheitskräften die Luft sprengte, tötete mindestens zehn Menschen. Bei der Explosion wurde auch der Polizeichef von Kundus, Mansur Staneksei, verletzt.

Nach Angaben der Regierung in Kabul gelang es den Sicherheitskräften, die Taliban am Samstagabend zurückzudrängen. Präsident Aschraf Ghani erklärte, die Taliban wollten "eine Atmosphäre der Angst in der Stadt verbreiten". Laut Angaben des Innenministeriums sollen 58 Taliban-Kämpfer bei der Offensive in Kundus getötet worden sein. Zudem seien 20 Sicherheitskräfte und fünf Zivilisten ums Leben gekommen.

Die Aufständischen hatten Kundus 2015 für zwei Wochen und 2016 für einige Tage eingenommen. Die Stadt ist von großer strategischer Bedeutung, da sie an einem Verkehrsknotenpunkt zu den Grenzprovinzen im Norden des Landes liegt. Die Kämpfe in Puli Khumri gingen auch am Sonntag weiter. Die Stadt mit rund 220.000 Einwohnern ist Hauptstadt der Provinz Baghlan. Die Bundeswehr unterhielt dort zwischen 2010 und 2013 einen Außenposten.

Die Taliban, die inzwischen etwa die Hälfte des Landes kontrollieren, verhandeln derzeit mit den USA über ein Friedensabkommen, das unter anderem den Abzug der amerikanischen Truppen vorsieht. Der US-Sonderbeauftragte Zalmay Khalilzad erklärte am Sonntag, eine Einigung stehe kurz bevor. Seit sich die Verhandlungen in einer entscheidenden Phase befinden, haben auch die Kämpfe in Afghanistan an Intensität zugenommen. Damit versuchen die Taliban, ihre Position am Verhandlungstisch zu stärken.