Bundesregierung pocht auf Waldschutz in Abkommen

Bundesregierung pocht auf Waldschutz in Abkommen
Ökologe: Brände in Brasilien verheerend fürs Weltklima
International wird nach Wegen gesucht, die Feuer am Amazonas zu stoppen. Die Bundesregierung will den Schutz des Regenwalds in Südamerika in Handelsabkommen fest verankert wissen.

Zürich, Brüssel (epd). Angesichts der Waldbrände im Amazonasgebiet pocht die Bundesregierung auf wirksame Umweltstandards in Handelsverträgen mit Südamerika. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) sagte am Mittwoch in Brüssel, in Handelsabkommen müsse "der Wald als schützenswert mit verankert sein". Solche Passagen gebe es in dem Abkommen zwischen den Mercosur-Staaten Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay mit der EU. Diese Texte müsse man sich nun "ganz genau ansehen", forderte Schulze.

Das Europaparlament habe bereits deutlich gemacht, dass es ein Abkommen ohne derartige Standards nicht geben werde. "Das ist auch genau der richtige Weg", sagte Schulze. Im Juni haben sich beide Seiten im Grundsatz auf das Freihandelsabkommen geeinigt. Es wird noch einmal einer rechtlichen Überprüfung unterzogen, wie die EU-Kommission mitteilte. Dann werde der endgültige Text den EU-Mitgliedstaaten und dem Europaparlament zur Zustimmung vorgelegt.

Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) erhob schwere Vorwürfe gegen Brasilien. Mit Abschluss des Mercosur-Abkommens habe sich das Land zu einer nachhaltigen Waldwirtschaft bekannt. "Wenn das Land dieser Verpflichtung nicht nachkommt, werden wir nicht tatenlos zuschauen", sagte sie der Tageszeitung "Die Welt" (Mittwoch). Klöckner stellte vereinbarte Zollerleichterungen zur Disposition.

Die Waldbrände im Amazonasgebiet in Brasilien haben nach Einschätzung des Ökologen Constantin Zohner verheerende Konsequenzen für das weltweite Klima. Die Feuersbrünste in dem ökologisch wichtigsten Waldgebiet der Welt setzten einen Teufelskreis in Gang, sagte der Wissenschaftler der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) in Zürich dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Das wird langfristig alle Menschen auf dem Planeten treffen", sagte Zohner.

Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, Deutschland stehe weiterhin bereit, Brasilien und den anderen Ländern beim Löschen der Brände zu unterstützen. Die Bundesregierung habe noch keine Summe genannt, werde aber das tun, was der Bedarf erfordere. Der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro hatte Hilfe der G7-Staaten abgelehnt, die bei ihrem Treffen in Biarritz 20 Millionen Euro zugesagt haben.

Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) forderte einen Stopp der Rodungen in Südamerika. "Der Regenwald darf nicht für neue Sojafelder brennen", sagte Müller der "Passauer Neuen Presse" (Mittwoch): "Ein wichtiger Schritt wäre, auf Schweinemast auf Basis billiger Sojaimporte von gerodeten Flächen zu verzichten." Es sollte nur noch zertifiziertes Soja in die EU kommen. Müller forderte eine globale Regenwald-Initiative: "Die Lunge des Planeten brennt - nicht nur in Brasilien, sondern auch in Indonesien, Russland oder Afrika."

Durch die Waldbrände werden laut Experten zunächst riesige Mengen des klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2) freigesetzt. Gleichzeitig schrumpft die Waldfläche, die Kohlendioxid aus der Atmosphäre zieht und speichert, immer weiter. "Die freiwerdenden Flächen werden nicht wieder aufgeforstet, sondern landwirtschaftlich genutzt", sagte der deutsche Forscher Zohner. "Weniger Regenwald bedeutet aber natürlich auch weniger Niederschlag." Dürren und Trockenheit seien die Folgen. Dadurch werde das Wachstum der Flora weiter behindert. Zudem verlören die Böden in den Tropen Nährstoffe.

Bislang ist es laut Zohner nicht möglich, die negativen Folgen der Feuer im Amazonasgebiet genau wissenschaftlich zu ermessen. Es sei aber erwiesen, dass Brasiliens Wälder die größte Speicherkapazität für Kohlendioxid weltweit haben. "Brasilien ist klar die Nummer eins", hielt Zohner fest. Wichtig für die Absorbierung des Kohlendioxids seien auch die USA, Kanada, Indonesien, Russland und die Demokratische Republik Kongo. Zohner war an einer ETH-Studie über Aufforstung als Mittel gegen den Klimawandel beteiligt.

Im Amazonasgebiet wüten die schwersten Waldbrände seit 21 Jahren. Auch in Bolivien und Peru sind verheerende Brände ausgebrochen.

epd jup/her/mey/ps fu