UN: Wächter der Regierung Libyens schossen auf Flüchtlinge

UN: Wächter der Regierung Libyens schossen auf Flüchtlinge

Genf (epd). Das UN-Büro zur Koordinierung humanitärer Hilfe (Ocha) erhebt schwere Vorwürfe gegen Wachmannschaften der international anerkannten Regierung Libyens. Die Wächter hätten nach dem ersten von zwei Raketeneinschlägen auf das Flüchtlingslager Tadschura östlich der Hauptstadt Tripolis auf Insassen geschossen, bestätigte eine Sprecherin dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Donnerstag in Genf.

Die Menschen hätten sich in Sicherheit bringen wollen, betonte Vanessa Huguenin. Überlebende Flüchtlinge hätten die Gewaltanwendung der Wächter einem UN-Team mitgeteilt, das nach dem Luftangriff das Camp besuchte. Bei der Attacke in der Nacht zum Mittwoch auf das von der Regierung betriebene Lager starben laut Ocha mindestens 53 Flüchtlinge, 130 erlitten Verletzungen.

In einem Ocha-Bericht wurde unterstrichen, dass die Regierung unter Ministerpräsident Fajis al-Sarradsch die Hauptverantwortung für die Flüchtlinge trage, die in dem Lager festgehalten werden.

Der UN-Sicherheitsrat hatte sich nicht auf eine Verurteilung der Attacke einigen können. Laut Diplomaten verhinderte die Vetomacht USA einen entsprechenden Beschluss, in dem auch ein Waffenstillstand gefordert werden sollte.

UN-Generalsekretär António Guterres verurteilte hingegen die "entsetzliche" Tat und verlangte eine unabhängige Untersuchung. Die Täter müssten zur Rechenschaft gezogen werden. Der Leiter der UN-Mission in Libyen, Ghassan Salamé, sprach von einer feigen Tat, die wahrscheinlich ein Kriegsverbrechen darstelle.

Es sei das zweite Mal, dass das Lager in Tadschura mit 600 Insassen angegriffen worden sei. Die international anerkannte Regierung beschuldigte die Milizen des abtrünnigen Generals Chalifa Haftar, für den jüngsten Angriff verantwortlich zu sein.

Libyens Regierung und Milizen halten in Lagern Tausende Flüchtlinge und Migranten aus anderen Ländern fest. Die Verhältnisse in den Camps werden als unmenschlich kritisiert. Die Festgehaltenen sind laut den UN auch durch die Gefechte zwischen den Konfliktparteien gefährdet.

Im April starteten Truppen des Generals Haftar eine Offensive gegen die Regierung. Nach dem Sturz des Diktators Muammar al-Gaddafi 2011 versank das rohstoffreiche Libyen in einem blutigen Chaos. Versuche der Vereinten Nationen, das Land zu befrieden, schlugen fehl.