Landgericht Gießen muss im Hänel-Verfahren zu 219a neu urteilen

Landgericht Gießen muss im Hänel-Verfahren zu 219a neu urteilen
Kristina Hänel stand im Mittelpunkt der Auseinandersetzung um das Werbeverbot für Abtreibungen. Der Fall der Gießener Ärztin nimmt nun eine juristische Wende - doch wohl nur formal. Hänel erwartet, dass sie vom Landgericht erneut verurteilt wird.

Frankfurt a.M. (epd). Das Landgericht Gießen muss sich nochmals mit dem Verfahren gegen die Ärztin Kristina Hänel befassen. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main verwies die Auseinandersetzung um das Werbeverbot für Abtreibungen zur erneuten Verhandlung an das Landgericht zurück. Der mittlerweile geänderte Strafrechtsparagraf 219a sei zugunsten der angeklagten Ärztin anzuwenden, teilte das Oberlandesgericht am Mittwoch mit (AZ: 1 Ss 15/19). Hänel indes geht davon aus, dass sie erneut verurteilt wird.

Die Medizinerin war im November 2017 vom Amtsgericht Gießen wegen Werbung für Schwangerschaftsabbrüche zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Das Landgericht Gießen verwarf im vergangenen Jahr ihre Berufung gegen das Urteil. Die Gießener Allgemeinärztin legte daraufhin Revision beim Oberlandesgericht ein. Hänel informiert auf der Internetseite ihrer Praxis darüber, dass sie Schwangerschaftsabbrüche vornimmt.

Seit dem 29. März gelte eine neue Fassung des Paragrafen 219a, sagte die Sprecherin des Oberlandesgerichts, Gundula Fehns-Böer, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das Landgericht Gießen habe in seinem Urteil diese neue Fassung nicht anwenden können, weil sie damals noch nicht galt. Das Oberlandesgericht mache in einem Revisionsverfahren aber eine "reine Rechtsprüfung". Deshalb muss das Landgericht Gießen nun erneut entscheiden.

Das Urteil sei aus formalen Gründen zurückverwiesen worden, schrieb Hänel in einer Reaktion auf Twitter. Sie sei nicht freigesprochen worden: "Kein Schritt nach vorne, sondern zwei zurück." Das Oberlandesgericht habe nicht entschieden, ob ihr Fall nach dem neuen Paragrafen 219a strafbar sei. "Ist es aber. Leider", schrieb Hänel.

Der Paragraf 219a verbietet die Werbung für Schwangerschaftsabbrüche aus wirtschaftlichen Interessen oder in "grob anstößiger Weise". In der Vergangenheit führte das auch zu einer Verurteilung von Ärzten, die aus ihrer Sicht rein sachlich über Abtreibungen informierten.

Das Urteil gegen Hänel hatte eine bundesweite Protestwelle ausgelöst. Im Februar beschloss der Bundestag daraufhin einen Kompromiss zum Strafrechtsparagrafen 219a. In der neuen Fassung ist dem Paragrafen ein vierter Absatz hinzugefügt. Ärzten ist es demnach künftig erlaubt, darüber zu informieren, dass sie Schwangerschaftsabbrüche vornehmen. Für weitere Informationen, etwa über Methoden, müssen sie aber an dafür befugte Stellen verweisen.