Arzt soll Kinder am Saar-Uniklinikum missbraucht haben

Arzt soll Kinder am Saar-Uniklinikum missbraucht haben
Mutmaßlicher Täter ist inzwischen verstorben
Die Uni-Klinik Homburg im Saarland wird von einem Skandal erschüttert. Ein Assistenzarzt soll in mindestens 30 Fällen Kinder zwischen vier und zwölf sexuell missbraucht haben. Trotz Ermittlungen wurden die Eltern der Opfer offenbar nicht informiert.

Saarbrücken, Homburg (epd). Ein inzwischen verstorbener Assistenzarzt soll am Universitätsklinikum des Saarlandes (UKS) über Jahre hinweg Kinder sexuell missbraucht haben. Acht Jahre nach einem ersten Missbrauchsverdacht gegen den Arzt in der Kinderpsychiatrie in Homburg sollen nun die möglichen Opfer und deren Eltern informiert werden, wie das Klinikum am Montag mitteilte. Die UKS habe sich nach einer neuen Expertise zu diesem Schritt entschlossen, sagte der Ärztliche Direktor Wolfgang Reith. Über den Skandal hatte zuerst das ARD-Magazin "Monitor" berichtet. Demnach soll der 2016 gestorbene Assistenzarzt zwischen 2010 und 2014 in mindestens 30 Fällen medizinisch unnötige Behandlungen im Intimbereich von Kindern im Alter von vier bis zwölf Jahren vorgenommen haben.

"Wir wollen uns der Verantwortung stellen", betonte Reith. Ziel sei zudem "größtmögliche Transparenz" und eine "Aufklärung ohne Wenn und Aber". Alle 34 Betroffen seien per Brief informiert worden, ihnen sei ein Gespräch mit einem Mitarbeiter der Rechtsaufsicht in Begleitung eines Psychologen angeboten worden. Telefonisch seien bis Freitag 20 Uhr mögliche Betroffene erreicht worden. Von diesen hätten sechs das Angebot eines persönlichen Gesprächs angenommen, sagte Reith.

Der Klinik lagen schon früh Hinweise auf eine pädophile Neigung des Mediziners vor, wie "Monitor" unter Berufung auf eigene Recherchen in Köln berichtete. Die möglichen Opfer und deren Eltern seien jedoch selbst dann noch nicht in Kenntnis gesetzt worden, als die Uniklinik Ende 2014 Strafanzeige gegen den Arzt stellte und die Staatsanwaltschaft Saarbrücken wenig später ein Ermittlungsverfahren einleitete. "Der Beschuldigte wurde 2014 entlassen", teilte das Universitätsklinikum mit. "Das eingeleitete staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren konnte wegen des Todes des Beschuldigten 2016 nicht beendet werden, sondern musste eingestellt werden."

Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) zeigte sich erschüttert. "Wenn ein solcher Verdacht im Raum steht, muss umgehend eine lückenlose Aufklärung erfolgen", erklärte er am Montag. Das Wohl der Kinder stehe dabei für ihn an erster Stelle. "Gerade Kinder und Jugendliche und ihre Eltern müssen sich darauf verlassen können, dass ihr Vertrauen nicht durch Behandler schändlich ausgenutzt wird", sagte Hans. So etwas dürfe nie wieder passieren.

Eine Anwältin betroffener Eltern, die durch Zufall von den Vorkommnissen erfahren hatten, wandte sich im April dieses Jahres an den Ministerpräsidenten des Saarlandes, dessen Staatskanzlei als Aufsichtsbehörde für das Universitätsklinikum fungiert, wie "Monitor" berichtete. Dort habe man entschieden, nun doch einen Teil der betroffenen Eltern über die Missbrauchsvorwürfe in Kenntnis zu setzen.