Früherer EKD-Ratschef Schneider will mehr Rechtssicherheit für Ärzte

Nikolaus Schneider
© Maurizio Gambarini/dpa
Der damalige EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider ist der Meinung, einem Arzt müsse es im Ausnahmefall möglich sein, schwerstkranken Patienten beim Sterben zu helfen und fordert Rechtssicherheit für Ärzte.
Früherer EKD-Ratschef Schneider will mehr Rechtssicherheit für Ärzte
In der Diskussion um die Sterbehilfe hat der frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, mehr Rechtssicherheit für Ärzte gefordert. "Ich sehe das Problem einer extremen Verunsicherung der Ärzteschaft durch das Agieren der Justiz", sagte Schneider dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland" (Dienstag). Deshalb begrüße er es, dass das Bundesverfassungsgericht Mitte April über die Sterbehilfe verhandeln werde.

"Kein Gesetz kann die Dinge so eindeutig regeln, dass es die individuelle Verantwortung ersetzt", sagte Schneider in dem Interview, dass er unter anderen mit seiner Ehefrau Anne führte, die vor fünf Jahren eine Krebsdiagnose erhalten hatte. "Deshalb möchte ich dazu ermutigen, dass die Ärzte diese Verantwortung wahrnehmen." Dazu gehöre es, "auf die Bedürfnisse der Patienten zu sehen". Zugleich betonte der Theologe den Wert christlicher Normen zum Lebensschutz.

Anne und Nikolaus Schneider hatten im März ihr Buch "Vom Leben und Sterben" vorgestellt, in dem sie gemeinsam unter anderen Fragen von Trauer und Sterbehilfe reflektieren. Dazu vertreten die Ehepartner unterschiedliche Ansichten: Während Anne Schneider für die rechtliche Möglichkeit eines ärztlich assistierten Suizids plädiert, lehnt Nikolaus Schneider aktives Töten durch einen Arzt etwa durch eine Todesspritze ab. Wegen der Krebserkrankung seiner Frau hatte der damalige EKD-Ratschef 2014 vorzeitig sein kirchliches Amt niedergelegt, um ihr beizustehen. Inzwischen hat Anne Schneider ihre Erkrankung überwunden.

"Mir ist wichtig, was die christliche Tradition die 'Heiligkeit des Lebens' nennt, unterstrich der Theologe: "Leben kommt aus Gottes Hand und kehrt wieder in Gottes Hand zurück." Deswegen plädiere er für einen "unbegrenzten Respekt vor dem Leben, das unentwegt gefährdet und häufig so sehr missachtet ist". Solche Normen könnten Menschen Halt geben, gerade in Krisenzeiten.

Gleichzeitig müsse es einem Arzt im Ausnahmefall möglich sein, schwerstkranken Patienten beim Sterben zu helfen, sagte Nikolaus Schneider, ohne auf Einzelheiten einzugehen. "Und er darf deswegen nicht unter den Druck der Strafverfolgung geraten." Der Bundestag hatte 2015 beschlossen, die geschäftsmäßige Assistenz beim Suizid unter Strafe zu stellen. Das Bundesverfassungsgericht verhandelt im April über sechs Verfassungsbeschwerden dagegen.