Wenn die Kirche im Dorf bleiben soll

 Umgewidmete Gustav-Adolf-Kirche im Dortmunder Stadtteil Deusen.
© epd/Magdalena Gruber
Die Gustav-Adolf-Kirche im Dortmunder Stadtteil Deusen wurde 1926/27 erbaut. Die evangelische Kirche darf heute für neue Zwecke verwendet werden, musste dafür aber nicht entwidmet werden.
Wenn die Kirche im Dorf bleiben soll
Landesinitiative unterstützt bei der Umnutzung von Gotteshäusern
Weil es immer weniger Kirchenmitglieder gibt, werden viele Gotteshäuser nicht mehr gebraucht. Die Landesinitiative StadtBauKultur NRW startete am Donnerstag ein Projekt, das Gemeinden bei der Umnutzung von Kirchen unterstützen soll.

Erst verließen Post und Sparkasse den Ort. Als dann auch noch die evangelische Kirche geschlossen werden sollte, reichte es vielen Menschen im Dortmunder Stadtteil Deusen. Sie gründeten einen Bürgerverein, der die Gustav-Adolf-Kirche übernahm und zu einem Begegnungszentrum umbaute. Heute, 15 Jahre später, gilt die gelungene Umwandlung als Vorbild für andere Gemeinden. Denn nach Schätzungen der Landesinitiative StadtBauKultur NRW werden in den kommenden Jahren 25 bis 30 Prozent der Kirchen in Nordrhein-Westfalen nicht mehr gebraucht. Viele Gemeinden stellt das vor große Probleme.

Die Landesinitiative mit Sitz in Gelsenkirchen startete deshalb am Donnerstag ein Projekt, das Gemeinden bei der Umnutzung von Kirchengebäuden unterstützen soll. Mit Gotteshäusern könne man nicht einfach so verfahren wie mit anderen Gebäuden, die ihren Zweck verloren hätten, sagt Projektinitiator Tim Rieniets. Denn selbst Kirchen, die nur noch wenig genutzt würden, hätten oftmals eine große emotionale Bedeutung für ein Stadtviertel. "Kirchen sind zudem aus architekturhistorischer Sicht einer der bedeutendsten Bautypen, an dem man die gesamte Baugeschichte unserer Region ablesen kann."

Die Gustav-Adolf-Kirche wurde 2013 zu einem Begegnungszentrum umgebaut.

Doch genau das mache es auch so schwierig, eine neue Verwendung für diese oftmals denkmalgeschützten Gebäude zu finden. "Kirchen bergen Herausforderungen, die andere Bauwerke nicht haben", weiß Rieniets. "Und hinzukommt, dass diejenigen in den Kirchengemeinden, die sich für den Erhalt ihrer Kirche einsetzen wollen, sehr häufig Laien sind." Ihnen will die Landesinitiative StadtBauKultur NRW nun mit dem Projekt "Zukunft-Kirchen-Räume" Unterstützung bieten.

Dazu wurde eine Website entwickelt, die verständliche Informationen zu allen Themen bietet, die bei der Umnutzung oder baulichen Anpassung einer Kirche beachtet werden müssen, darunter etwa Baurecht oder Denkmalschutz. Zudem finden Gemeinden hier rund 60 bereits realisierte Beispiele für gelungene Umnutzungen von Kirchen. Hinzu kommt eine Liste mit Ingenieuren, Architekten und anderen Fachleuten, die Erfahrung mit solchen Projekten haben. Darüber hinaus will die Landesinitiative eine begrenzte Anzahl von Gemeinden dabei unterstützen, ein Zukunftskonzept für ihre Kirche zu erarbeiten. Dafür können sich Gemeinden aus Nordrhein-Westfalen auf einen offenen Projektaufruf bewerben.

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Das Thema Umnutzung von Gotteshäusern ist für die Kirchen in NRW nicht ganz neu. Schon in den vergangenen zehn bis 15 Jahren seien im Bereich der Evangelischen Kirche im Rheinland jährlich 20 bis 25 Kirchen- oder Gemeindegebäude umgewidmet worden, sagt Gudrun Gotthardt vom Bau-Dezernat des Landeskirchenamtes in Düsseldorf. "Das Projekt der Landesinitiative bietet nun den Vorteil, dass Informationen gebündelt werden und zudem Best-Practice-Beispiele präsentiert werden."

Burkhard Kämper vom Katholischen Büro Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf betont, dass die Umwidmung von Kirchengebäuden ein komplizierter und langwieriger Prozess sei, bei dem auch kirchenrechtliche Aspekte eine Rolle spielten. Erste Ansprechpartner für betroffene Gemeinden blieben daher die Landeskirchenämter oder Generalvikariate, die Erfahrung mit dem Thema haben. Für die Kirche stehe eine würdige Nutzung des Gebäudes an oberster Stelle, sagt Kämper.

Auch die evangelische Kirche legt Wert darauf, dass Gotteshäuser so umgewidmet werden, dass der symbolische und städtebauliche Wert berücksichtigt wird. "Unsere Beratung geht dahin, dass die Gebäude gehalten werden, zum Beispiel für eine erweiterte kirchliche Nutzung", sagt Gotthardt. Gemeint ist damit etwa die Verlagerung von Gemeinderäumen in das Kirchengebäude.

Ein gutes Beispiel dafür aus dem Bereich der rheinischen Landeskirche sei etwa die Umgestaltung der evangelischen Kirche im rheinland-pfälzischen Baumholder. Dort wurde das Gemeindezentrum in das Gotteshaus verlegt, nachdem die Gemeinde deutlich geschrumpft war. Dadurch konnten Gemeindehaus und Jugendzentrum verkauft werden. Für ihre pfiffige Lösung erhielt die Gemeinde 2011 den ersten Preis im Architekturwettbewerb der rheinischen Landeskirche. Andernorts konnten Kirchen zum Beispiel auch durch die Umwandlung in Konzert- und Veranstaltungssäle oder Stadtteilzentren weiter genutzt werden.

In Deusen erreichte die Gemeinde sogar, dass sie die Kirche für neue Zwecke verwenden darf, ohne sie zu entwidmen. So finden dort inzwischen Seminare, Tagungen und Feiern statt. Versorgt werden können die Gäste von einer Gastronomie, die in einem Anbau unterkam. Zugleich kann die Gemeinde in der Kirche weiterhin Gottesdienste feiern.