Theologe Söding: Vaterunser-Übersetzung ist präzise und tief

"Der Kleine Katechismus"
Foto: epd-bild/Norbert Neetz
Die fünfte Bitte des Vater unser "Und vergib uns unsere Schuld wie wir vergeben unsern Schuldigern" in "Der Kleine Katechismus" von Martin Luther.
Theologe Söding: Vaterunser-Übersetzung ist präzise und tief
Der Bochumer Theologieprofessor Thomas Söding hat die Kritik von Papst Franziskus an der deutschen Übersetzung des Vaterunsers zurückgewiesen.

Die deutsche Übersetzung sei seit Martin Luther dieselbe, sie sei präzise und tief, sagte der Professor für Neues Testament an der Ruhr-Universität Bochum dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Montag). "Falsch ist nur die Behauptung, die Übersetzung sei falsch." Söding riet Christen, an der vom Papst kritisierten Formulierung der Bitte "Und führe uns nicht in Versuchung" festzuhalten. "Sie sollen beten, was sie immer gebetet haben", sagte der katholische Theologe, der in der Reformkommission zur Neufassung der Einheitsübersetzung der Bibel mitgearbeitet hat. Zuvor hatte bereits die EKD die gängige Übersetzung des Vaterunsers verteidigt, wie sie in der Luther-Bibel 2017 enthalten ist.

Die sechste Bitte des "Vater unser": Und führe uns nicht in Versuchung. "Der Kleine Katechismus" von Martin Luther, geschrieben und illustriert von Kurt Wolff in einem Reprint zum 500. Reformationsjubilaeum.
Zu Hinweisen, Jesus habe Aramäisch gesprochen, die Bibeltexte lägen aber nur in Griechisch vor, sagte Söding: "Uns ist als einzige verbindliche Quelle der griechische Text der Bibel zugänglich. Viele überlieferte Jesusworte darin sind so alt, wie sie nur alt sein können: Sie gehen zurück auf den Umkreis der ersten Jünger." Man könne nicht aus einer "angeblich falschen Übersetzung das richtige Original rekonstruieren wollen." Das sei methodisch absurd, sagte der Theologe.

Papst Franziskus hatte im italienischen Fernsehen Kritik an dem deutschen Gebetstext geäußert. Er vertrat laut einem Bericht der "Bild"-Zeitung die Auffassung, nur Satan führe in Versuchung. Es sei "nicht Gott, der den Menschen in die Versuchung stürzt, um dann zuzusehen, wie er fällt". Der Papst soll die verbindliche Umformulierung begrüßt haben, die die französische Kirche unlängst vorgenommen habe. In jeder französischen Messe auf der ganzen Welt werde nun gebetet: "Und lass uns nicht in Versuchung geraten". Das Vaterunser gilt als erstes Gebet der Christen. Es wird weltweit gesprochen und liegt in zahlreichen Übersetzungen vor.