TV-Tipp: "Hochzeit in Rom" (ARD)

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TV-Tipp: "Hochzeit in Rom" (ARD)
29.9., ARD, 20.15 Uhr: "Hochzeit in Rom"
Der Ausgangspunkt erinnert an den romantischen Klassiker "Ein Herz und eine Krone": Der junge deutsche Architekt Max (Matthias Zera) trifft in Mailand die attraktive Kellnerin Bianca (Federica Sabatini) und verfällt ihr augenblicklich mit Haut und Haar.

Nach einer gemeinsamen Nacht macht er ihr einen Antrag, doch Bianca lässt ihn einfach sitzen und kehrt in ihre Heimatstadt Rom zurück. Dort treffen sich die beiden wieder, und nun stellt sich raus: Die Kellnerin ist eine Prinzessin aus uraltem Adel, die Familie residiert mitten in der Stadt in einem riesigen Palazzo. Max ist all’ der Prunk egal, er will Bianca trotzdem heiraten, und sie ihn mittlerweile auch; bloß die beiden Elternpaare betrachten die stürmische Romanze mit gemischten Gefühlen.

"Hochzeit in Rom" ist eine deutsch-italienische Koproduktion; oder auch andersrum, denn die meisten Beteiligten vor und hinter der Kamera sind Einheimische. Im Film nivelliert sich das allerdings, weil etwaige Sprachprobleme im Drehbuch (Cecilia Calvi, Anna Samueli) offenbar nicht vorgesehen waren: Sämtliche handelnden Personen sprechen prima deutsch. Immerhin sind die Rollen im Unterschied zu den sonstigen Auslandsproduktionen auf den Fernwehsendeplätzen von ARD (freitags) und ZDF (sonntags) entsprechend verteilt worden: Die Deutschen werden von Deutschen verkörpert, die Italiener von Italienern. Das Ensemble ist zudem eine gut zusammengestellte Mischung aus Alt und Jung. "Jung" steht in diesem Fall auch für unerfahren: Theaterschauspieler Matthias Zera spielt seine erste TV-Rolle überhaupt; es ist auch seiner Leistung zu verdanken, dass der anfangs etwas blasse Max zunehmend an Format gewinnt. Seine Filmpartnerin Federica Sabatini erinnert vom Typ her tatsächlich ein bisschen an Audrey Hepburn, aber damit enden die Parallelen zur melancholischen Liebesgeschichte "Ein Herz und eine Krone" (1953) auch. Selbst wenn Biancas standesbewusste Mutter (Stefania Rocca) die Hochzeit zunächst verhindern will: Die Tochter lebt keineswegs im goldenen Käfig; und das nicht nur, weil sich die Zeiten geändert haben. Der Palazzo ist zwar prächtig anzuschauen, muss aber wie alle alten Gemäuer permanent vor dem Verfall bewahrt werden, und das kann sich Fürst D’Arcadia nicht mehr leisten: Er ist restlos pleite.

Für die Rolle des Patriarchen konnten die Produzenten immerhin Ricky Tognazzi gewinnen. Der ist hierzulande zwar längst nicht so bekannt wie einst sein Vater Ugo, der dank "Das große Fressen" und "Ein Käfig voller Narren" in den Siebzigerjahren recht populär war, aber er hat die nötige Ausstrahlung für diese Rolle. Mit Harald Krassnitzer gibt es auf deutschsprachiger Seite das passende Pendant, die beiden Schauspieler ergänzen sich prächtig. Das gilt auch für ihre Figuren: Im Unterschied zu der Giftspritze an seiner Seite, die dem schönen Namen Gioia keinerlei Ehre macht, ist der Fürst ein großzügiger Mann, der auch im Angesicht des Bankrotts Haltung bewahrt; seiner liebreizenden Tochter kann er ohnehin nichts abschlagen. Dass Max’ Vater als alter Sozialdemokrat grundsätzliche Vorbehalte gegenüber dem Adel hat ("Relikte aus feudalistischen Zeiten"), steht der sich anbahnenden Männerfreundschaft nur kurz im Weg und gibt Krassnitzer die Gelegenheit für einige trockene Sarkasmen. Walter hat ohnehin ganz andere Probleme, denn zu seiner unangenehmen Überraschung taucht seine Geliebte in Rom auf: Weil er sich schon geraume Zeit davor drückt, für klare Verhältnisse zu sorgen, will Xenia (Annika Ernst) seiner Frau Eva (Ann-Kathrin Kramer) klarmachen, dass die Ehe am Ende ist.

"Hochzeit in Rom" mag im Vergleich zu anderen Freitagsfilmen der letzten Jahre, die in gleichfalls komödiantischer Form ungleich relevantere Themen behandelt haben, ein Rückfall in frühere Degeto-Zeiten sein, als Alltagsflucht die oberste Maxime war. Tatsächlich entspricht der Tonfall eher dem "Herzkino" im ZDF, doch auch purer Zeitvertreib kann gutes oder schlechtes Handwerk sein; Regisseur Olaf Kreinsen ("Die Dienstagsfrauen") hat den Film als leichte Unterhaltung, aber hochprofessionell inszeniert. Die Bilder wirken aufwändig und sind schön anzuschauen, der Palazzo im Herzen Roms ist ein prachtvoller Schauplatz. Trotzdem lässt Kreinsen seinen Kameramann Kai Longolius nicht in den Schauwerten schwelgen. Das gilt auch für die Sehenswürdigkeiten, die zwar vorkommen, aber nicht als Ansichtskarten, sondern als Hintergrund: Das junge Liebespaar trifft sich regelmäßig auf der Dachterrasse des Palastes, hat jedoch wegen der immer wieder neuen Probleme gar keine Zeit für den atemberaubenden Ausblick über die ewige Stadt. In einer der schönsten Szenen kicken die beiden Väter, nicht mehr ganz nüchtern, auf der berühmten Piazza del Popolo eine Dose hin und her. Auch sonst versorgt das Drehbuch die vier Hauptdarsteller mit viel Spielmaterial; sehr amüsant sind zum Beispiel zwei Ohrfeigenmomente, die so verblüffend umgesetzt sind, als seien sie Kramer und Sabatini tatsächlich spontan eingefallen. Die jeweiligen Paare passen ohnehin gut zueinander, was beim Ehepaar Krassnitzer/Kramer natürlich keine Überraschung ist; die Schauspieler sind ausnahmslos gut geführt (und auch, sofern Italiener, gut synchronisiert), das Tempo stimmt ebenfalls.

Völlig überflüssig ist dagegen der Cliffhanger, mit dem der Film beginnt: Kurz vor der Hochzeit sieht Bianca, wie Xenia Max um den Hals fällt und ihm erzählt, sie sei schwanger, was die Braut natürlich vermuten lässt, ihr Verlobter sei der Vater; erst dann folgt der tatsächliche Handlungsauftakt, als sich Max im Lokal bei Bianca für das Benehmen seiner blasierten Kollegen entschuldigt. Womöglich war Kreinsen beim Schnitt nicht ganz zu Unrecht der Meinung, dass der Mailänder Einstieg etwas schwach ist, aber eigentlich hat "Hochzeit in Rom" dieses künstliche Schüren der Spannung gar nicht nötig.